Warum haben ausgerechnet Insekten eine so enorme Bedeutung?
Wir Menschen sind eindeutig in der Minderheit. Die Mehrheit der Lebewesen sind Insekten, von ihnen gibt es etwa eine Million Arten. Das wäre ein Legobaustein-Turm von etwa zehn Kilometer Höhe. Zu den Insekten zählen Tiere, die für Menschen mit der Eigenschaft nützlich und schön verbunden sind – wie Bienen, Schmetterlinge oder Marienkäfer –, aber auch Tiere, die kein so positiv besetztes Image haben, weil sie lästig oder eklig sind oder auch noch stechen: Ameisen, die wir allenfalls noch für ihre strukturierte Futterbeschaffung bewundern, aber natürlich nicht in der Küche haben wollen, Fliegen, Stechmücken, Schaben, Wespen und vor allem Käfer, von denen es 350.000 beschriebene Arten gibt. Sie sind also innerhalb der Insekten eine spezielle Macht.
Ob die Tiere uns Menschen verzücken oder nicht, ist relativ unerheblich, sie spielen im Kreislauf der Natur eine große Rolle. Viele von ihnen bestäuben Blüten: Es gibt etwa 20.000 unterschiedliche Arten von Wildbienen, die diese Arbeit übernehmen, aber auch Fliegen, Tagfalter, Motten, Wespen und Käfer bestäuben. Bestäubt werden auffällige Blüten, die die Insekten anlocken. Sie finden sich auf Obstbäumen (Apfel, Birne, Marille), auf Feldfrüchten wie Raps und Soja, auf Gemüsearten wie Tomaten und auf einigen Wildpflanzen wie Salbei und Margerite. Die Bestäuber sorgen also dafür, dass gedeihen kann, was irgendwann einmal auf unseren Esstisch kommt.
Insekten sind für viele Tiere, zum Beispiel Zugvögel und Fledermäuse, die Hauptnahrungsmittel. Dass Schwalben zum Beispiel im Winter nach Süden ziehen, hängt auch direkt mit Insekten zusammen: Die Vögel finden ihr wichtigstes Nahrungsmittel hierzulande nicht mehr vor. Ihre Rückkehr ist von der Rückkehr der Insekten abhängig. Die teils winzigen Krabbler haben aber noch eine weitere wichtige Funktion im ökologischen Netzwerk der Natur: Einige von ihnen bauen neben Mikroorganismen totes biologisches Material ab, wodurch wieder Erde mit Nährstoffen für neues Leben entstehen kann.
Insekten sind außerdem eine nahezu unerschöpfliche Quelle komplexer Aminosäuren und Proteine. Die Krebsforschung, die gesamte Pharmabranche und Medizin, sie alle profitieren von Inhaltsstoffen, die in den Tieren zu finden sind. In der Technik gibt es zahllose Anwendungen, die Insekten zum Vorbild haben (Insektendrohnen, Regelalgorithmen).