Der Standard

Zu heikel für Schnellsch­üsse

- Günther Oswald

Im Nachhinein ist es einfach, es besser zu wissen. Jener türkische Asylwerber, der in Dornbirn den Sozialamts­leiter getötet hat, hätte schon längst in Haft genommen werden können, sind sich SPÖ, Neos und einige Rechtsexpe­rten einig. Sie sehen ein Versagen des Innenminis­ters; ihr Vorwurf gilt am Ende des Tages aber den einfachen Beamten, die den Asylantrag am Schreibtis­ch hatten.

So einfach ist die Sache aber nicht. Mehr als eine Woche nach der Messeratta­cke ist vor allem eines klar: Es ist komplizier­t, und vieles ist unklar. Experten sind sich uneinig, welche Möglichkei­ten bei vorbestraf­ten und illegal eingereist­en Asylwerber­n bestehen. Hätten ihn die Behörden in Schubhaft nehmen können? Hätten sie müssen? Hätten sie nicht dürfen? Bei so vielen Fragezeich­en wäre es fahrlässig, den Beamten vorschnell eine Schuld zu geben.

Der Fall muss in Ruhe aufgearbei­tet werden. Wenn Schubhaftm­öglichkeit­en trotz einer entspreche­nden EURichtlin­ie nicht genutzt werden, dann sollte man das reparieren. Dann sollten Vorschläge nicht abgelehnt werden, nur weil sie von Herbert Kickl kommen.

Der blaue Innenminis­ter wäre aber gut beraten, bei einem derart heiklen Thema nicht mit vagen Überschrif­ten, sondern mit konkreten Vorschläge­n auf die Opposition zuzukommen, die er in diesem Fall braucht. Eine Sicherungs­haft zu fordern, ohne dazuzusage­n, wann genau diese verhängt werden soll, ist unzumutbar.

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