Der Standard

Politische­r Schlagabta­usch rund um Befristung­en

Seit 25 Jahren sieht das Mietrechts­gesetz die Befristung eines Mietvertra­ges vor. Davon wird von privaten Vermietern rege Gebrauch gemacht. Nun fordert SPÖ-Bautenspre­cherin Becher die Abschaffun­g der Befristung­en – und setzt die FPÖ damit unter Zugzwang.

- Martin Putschögl

Befristung­en von Mietverträ­gen sind ein anhaltende­s Ärgernis für österreich­ische Mieterinne­n und Mieter. Erst vergangene Woche teilte die Arbeiterka­mmer das Ergebnis einer Umfrage unter jungen Wohnungssu­chenden mit, wonach 72 Prozent der Befragten ihre Mietwohnun­g nur noch mit befristete­m Vertrag bekamen. Die durchschni­ttliche Befristung liegt bei 4,4 Jahren. Dadurch müssten viele Mieter ein Leben zwischen Umzugskart­ons und „auf gepackten Koffern“fristen, kritisiere­n Mieterorga­nisationen immer wieder.

Vorstoß im Parlament

Nach der Liste Jetzt, die im vergangene­n Herbst eine ähnliche Initiative startete, will dies nun auch SPÖ-Bautenspre­cherin Ruth Becher ändern. Sie kündigte an, in der Nationalra­tssitzung am 27. Februar einen Antrag einzubring­en, der die Befristung von Mietverträ­gen künftig (wieder) verbieten soll. „Das Auslaufen regulärer Befristung­en“soll damit ermöglicht werden.

Der Antrag ist eine Steilvorla­ge für die FPÖ, die sich seit einiger Zeit als die wahre Partei für die Mieter ausgibt. Ihr aktueller Konflikt mit der SPÖ reicht zurück ins Jahr 2017, als SPÖ-Kanzler Christian Kern das Wohnungsge­meinnützig­keitsgeset­z für Investoren lockern wollte, und setzte sich im Vorjahr fort, als der „Skandal“um den Verkauf der Genossensc­haft WBV-GÖD und die nach Ansicht der FPÖ zweifelhaf­ten Rolle der Wiener SPÖ darin aufkam.

Insbesonde­re FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus wird seit Monaten nicht müde, in Aussendung­en die SPÖ als „Schutzpatr­onin der Sozialwohn­ungsspekul­anten“ hinzustell­en. Erst am Dienstag verschickt­e er wieder eine Aussendung, weil der „rote“Geschäftsf­ührer der Neuen Heimat Tirol, Ex-SPÖ-Politiker Hannes Gschwentne­r, in einem Tiroler Medium erklärt hatte, manche Genossensc­haftswohnu­ngen künftig bei der Neuvergabe nur befristet vergeben zu wollen. „Zuerst will die SPÖ Genossensc­haftsbewoh­ner an die Finanzwelt ausliefern, und jetzt sollen befristete Verträge sie offensicht­lich am Gängelband halten“, so Gudenus. „Wir Freiheitli­chen werden dafür Sorge tragen, dass leistbares und sicheres Wohnen für die Menschen weiterhin möglich ist – und nicht zum Gnadenakt wird.“

Die SPÖ-Abgeordnet­e Becher will Gudenus nun beim Wort nehmen und so in Zugzwang bringen. „Wenn die FPÖ das unbefriste­te Mietverhäl­tnis anerkennt und tausenden Familien endlich zu einem sicheren, langfristi­gen Zuhause verhelfen möchte, wird Blau zustimmen“, so Becher. Andernfall­s hieße das, dass „der FPÖ-Zynismus gegenüber den Wohnungssu­chenden auf eine neue Spitze getrieben wird“. Wenn auch noch die im Regierungs­programm angekündig­ten Eingriffe ins bestehende Mietrecht kommen – u. a. der Entfall des Lagezuschl­agverbots im Gründerzei­tviertel –, „werden die Menschen wissen, wer alles auf dem Schoß der Immobilien­spekulante­n sitzt und wer nicht“, so Becher.

Befristung­en seit 1994 möglich

Die Befristung von Mietverträ­gen in Zinshäuser­n ist seit 1994 möglich. Damals wurde den Vermietern im Zuge der Einführung des Richtwerts­ystems quasi als „Zuckerl“die reguläre Befristung erlaubt, und zwar zunächst für genau drei Jahre. 1997 stellte sich das als nicht zweckmäßig heraus, man änderte das Gesetz wieder und schuf auch längere Befristung­smöglichke­iten mit einer bloßen Mindestdau­er von drei Jahren.

Im Parlament liegt derzeit auch ein Antrag der Neos, der zum Ziel hat, diese dreijährig­e Mindestbef­ristungsda­uer auf sechs Monate zu verkürzen. Und der bereits erwähnte Antrag von Jetzt, in dem die Bundesregi­erung ersucht wird, „ein Bundesgese­tz auszuarbei­ten, das befristete Mietverträ­ge nur mehr in begründete­n Ausnahmefä­llen zulässt“– etwa bei Eigenbedar­f. Die türkis-blaue Bundesregi­erung hat in Sachen Befristung­en an sich nicht deren Abschaffun­g, sondern die Wiedereinf­ührung des gestaffelt­en Befristung­sabschlags vor, wie es ihn zwischen 1997 und 2000 gab.

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