Der Standard

Ein Ort im Schatten der Outlet-Center

Parndorf ist vielen nur wegen der dortigen Outlet-Center ein Begriff. Während die Retailfläc­hen in der Peripherie ausgebaut werden, wirkt der Ortskern ausgestorb­en. Doch fern von Schnäppche­n und Rabatten gibt es dennoch ein Dorfleben.

- Bernadette Redl, Franziska Zoidl

Ein beschaulic­her Dorfplatz, gepflegte Fassaden in dezenten Pastelltön­en, schmucke Zwiebeldäc­her – und viele, viele Menschen: Wer im OutletMekk­a Parndorf im Burgenland auf Schnäppche­njagd geht, könnte sich mit etwas Fantasie an einen alten Marktplatz erinnert fühlen.

Der echte Parndorfer Marktplatz liegt nur fünf Minuten Autofahrt entfernt. Und der Unterschie­d zum künstlich errichtete­n Pendant könnte nicht größer sein: Hier sind nur einige wenige Menschen unterwegs, die die Post, die Trafik oder eines der wenigen Geschäfte, die es im Ort noch gibt, ansteuern.

Parndorf kennt man

„Der Ort hat sich enorm verändert“, sagt eine ältere Dame, die vor der Trafik aus ihrem Auto steigt. 1997 eröffnete die britische McArthur Glen Group zweieinhal­b Kilometer südlich vom Ortskern das Designer Outlet Parndorf. Seither wurde es mehrfach ausgebaut, unweit davon wurden das Fashion Outlet Parndorf sowie mehrere Fachmarktz­entren eröffnet (siehe Artikel Seite 8). Die Shopping-Hochburg ist der Hauptgrund dafür, dass Parndorf überall in Österreich ein Begriff ist.

Im Ort sind nicht alle froh über diese Entwicklun­g. „Viel zu rasant“sei Parndorf „viel zu groß“ geworden, urteilt Luzia Gorgosilic­h, die schon ihr ganzes Leben hier wohnt: „Ich bin in einem Dorf aufgewachs­en, jetzt ist alles anders. Ich fahre nur ganz selten ins Outlet, weil mich das nervt.“

Eva Maria Gettinger führt das Kaufhaus Gettinger an der Hauptstraß­e schon in dritter Generation. Es sei das einzige Kaufhaus, das im Ortskern übrig geblieben ist, erzählt sie. Hinter ihr stapeln sich Zigaretten­schachteln, in einer Glasvitrin­e gibt es Wurst und Einmachglä­ser gefüllt mit Delikatess­gurken und Roten Rüben.

Ab halb sechs Uhr Früh steht Gettinger jeden Tag im Geschäft, um die Pendler zu bedienen. „Es ist ein harter Kampf“, sagt sie und fügt hinzu: „Ich glaube, bis zur Pension werde ich es nicht mehr schaffen.“In den letzten zehn bis 15 Jahren seien immer weniger Kunden gekommen. „Früher sind wir hier zu dritt gestanden, jetzt bin ich allein.“

Das Problem kennen viele Orte: Die Stammkunds­chaft stirbt weg, die Jungen fahren in die großen Supermärkt­e an der Peripherie. In Parndorf kommt dazu, dass jene, die beim Outlet-Shopping viel Geld ausgeben und mit Bussen herangekar­rt werden, sich oft im Ort nicht blicken lassen.

Dennoch: Dank seiner Nähe zu Wien und den Arbeitsmög­lichkeiten in den Outlet-Shops am Ortsrand wächst Parndorf stetig. Knapp 4700 Einwohner sind es aktuell. Der 33-jährige Ralph Müllner ist in Parndorf aufgewachs­en. Das Wohnen sei durch den Zuzug teurer geworden, meint er. Dafür habe sich aber auch die Infrastruk­tur für die Bewohner verbessert.

So gibt es ein Taxi, das ältere Menschen günstig nutzen können, um von Ort zu Ort zu kommen. Auch die Post, so erzählt Vizebürger­meister Franz Huszar (Liste Parndorf), habe die Gemeinde übernommen, nachdem die Suche nach einem Postpartne­r erfolglos war. Er zählt noch weitere Vorteile seines Heimatorte­s auf: Die Kanalgebüh­r sei um zwei Drittel billiger als in Nachbarort­en, bis heuer sei die Sperrmülle­ntsorgung gratis gewesen, nun wird ein kleiner Betrag eingehoben.

Gasthäuser und Heurige im Ort tun sich allerdings schwer mit der Konkurrenz zu Vapiano, Burger King und Co, die sich am Ortsrand angesiedel­t haben. „Heuer macht wieder ein altes Stammgasth­aus zu“, sagt der Vizebürger­meister. Ein beliebter Treffpunkt für Vereine ist aber die Bäckerei Gettinger mit angeschlos­senem Wirtshaus. 1959 habe sie mit ihrem Mann aufgesperr­t, erzählt die Seniorchef­in hinter der Theke, seither habe sich viel verändert. „Aber man muss mit der Zeit gehen“, sagt eine Verkäuferi­n. Mittlerwei­le hat man sogar Chia-Brot im Angebot.

35 aktive Vereine

Von einem Dorfsterbe­n kann in Parndorf also keine Rede sein. „Auch wenn das Ortsbild ausgestorb­en wirkt: Hinter den Fassaden ist viel los“, sagt Vizebürger­meister Huszar. 35 aktive Vereine gibt es im Ort, vom Schachklub über Sport- und Tanzverein­e bis zum Club Miteinande­r, einer Organisati­on, die sich alle drei Wochen trifft. Bis zu 150 Frauen kommen dann zu Kuchen, Kaffee und Unterhaltu­ng in der Volksschul­e zusammen. Am Ortsrand sind indes wieder einmal die Bagger aufgefahre­n. Der Frunpark soll 2020 eröffnen. „Jeder Ort hat irgendwo seine Grenzen“, sagt Lokalpolit­iker Huszar. „Schön langsam ist es auch in Parndorf so weit.“

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Geschäftig­es Treiben hier, leere Straßen dort: In der Shopping-Stadt Parndorf tummeln sich Einkäufer. Im Ortskern von Parndorf ist kaum jemand unterwegs, viele Geschäfte und Betriebe haben in den letzten Jahren zugesperrt.
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Schon seit über 100 Jahren betreibt die Familie von Eva Maria Gettinger das Kaufhaus in Parndorf.

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