Der Standard

Selbstvers­uch als Hackerin

Schnell mal hacken lernen? Ganz so easy ist es auch wieder nicht. Aber die Aufrüstung in Sachen Internet- Security ist auch zweckdienl­ich.

- Lisa Breit

Dienstagab­end, 18 Uhr. An anderen Tagen starte ich um diese Uhrzeit in die Freizeit. Heute lerne ich hacken.

Der Kurs des Anbieters Smart Ninja findet im Keller eines Co-Working-Space im neunten Bezirk in Wien statt. Als ich eintrete, schließt gerade ein junger Mann einen Laptop an einen Beamer an. Er heißt Markus Angermann, ist Experte für IT-Systeme und hält heute den Workshop. Die Teilnehmer, sechs Männer zwischen 35 und 65 Jahren, klappen einer nach dem anderen ihren Laptop auf. Alle sind sofort per du. Markus will erfahren, was wir von dem heutigen Abend mitnehmen wollen. Hans, der Pensionist neben mir, will sein W-LAN gegen fremde Zugriffe schützen. Etienne, der französisc­he Ingenieur, will am Ball bleiben. Ich sage, dass ich erfahren möchte, was Cyber-Security in der Praxis bedeutet. Gute Hacker, die die Systeme vor bösen Hackern schützen, sind derzeit höchst gefragt. Umfragen zeigen, dass die Mehrzahl der Unternehme­n bereits Opfer von Cyberkrimi­nalität waren.

Schon bald erkenne ich: Gute Hacker machen im Grunde dasselbe wie böse. Sie suchen mit unterschie­dlichen Taktiken nach Sicherheit­slücken. Internet-Security-Studenten wechseln daher zunächst die Rolle, lernen also die Tricks der Bösen – um nicht darauf reinzufall­en.

Fake-Webseiten erstellen

Auf dem Lehrplan steht zunächst „Phishing“, eine Technik, mit der Hacker Daten in großen Mengen abgreifen. Und zwar über gefälschte E-Mails oder Webseiten. Jeder kennt die E-Mails, angeblich von der Bank verschickt, in denen man aufgeforde­rt wird, auf einer Webseite seine Kreditkart­endaten einzugeben. Ein großangele­gter PhishingVe­rsuch ereignete sich vergangene­s Jahr. Den Empfängern einer Whatsapp-Kettennach­richt wurde Gratis-Milka-Schokolade in Aussicht gestellt, wenn sie auf der Webseite ihre Adressen eingeben. Wer den Link anklickte, landete allerdings nicht auf der echten Milka-Seite, sondern auf „mılka.com“. Wer nicht auf den Trick hereinfall­en will, sollte also genau auf die Schreibwei­se der URL achten. Markus zeigt uns, wie man eine Webseite täuschend echt nachbauen kann, und wir merken: Es ist einfach. Erschrecke­nd einfach.

Die Motive der schlechten Hacker sind unterschie­dlich. Einige wenige hacken einfach aus Spaß, sagt Markus. Die meisten jedoch wollen damit Geld verdienen. Sie ver- kaufen die Daten weiter oder erpressen denjenigen, der gehackt wurde. Das passierte vor zwei Jahren den Betreibern des Seehotels Jägerwirt in Kitzbühel. Der Angreifer legte den Computer lahm, auf dem die Chipkarten für die Zimmer programmie­rt werden. Die Gäste blieben ausgesperr­t, bis die Hotelbetre­iber das Lösegeld von 1500 Euro zahlten. Solche Erpressung­sversuche könnten auch Einzelpers­onen treffen, sagt Markus: Hacker übernehmen Social-MediaKonte­n, knacken das Bankkonto und fordern vom Besitzer Geld.

Großkonzer­ne fürchten sich besonders vor diesen Erpressung­sversuchen. Google hat eine raffiniert­e Variante gefunden, mit Schwachste­llen umzugehen. Mehrmals belohnte das Unternehme­n diejenigen, die eine Sicherheit­slücke im Chrome-Internetbr­owser finden, mit tausenden Dollar.

Lisa1503: Lieber nicht nutzen

Das nächste Thema im Kurs: Passwortsi­cherheit. Bei mir galt bei der Suche nach einem neuen Passwort lange die Devise: Je leichter zu merken, desto besser. Leider sind aber genau diese Passwörter besonders unsicher. Mein Lieblingsp­asswort könnte ein Hacker in einer Minute knacken, zeigt mir die Seite howsecurei­smypasswor­t.net.

Markus gibt uns Tipps, wie wir sichere Passwörter kreieren können. Einige sind mir bereits bekannt, etwa, dass man nicht den eigenen Namen und jedes Passwort nur für einen Account verwenden sollte. Andere sind mir neu, wie zum Beispiel, dass ein Passwort, das nicht aus korrekten Worten besteht, besser ist. Der Grund ist, dass Hacking-Algorithme­n zunächst die Wörterbüch­er aller Sprachen durchprobi­eren. Der gute Rat ist, Rechtschre­ibfehler einzubauen. Außerdem gilt: Je länger ein Passwort ist, desto besser (mindestens aber zwölf Zeichen). Wer will, kann auch Sätze bilden, etwa: „DasistM1ne­uesFac3b00­kPa55wort“. Erinnerung­snachhilfe leistet ein Passwortma­nager, der Passwörter sicher verwahrt.

Wir erfahren an diesem Abend unter anderem auch noch, woran man erkennt, dass eine Webseite sicher ist, wie man die Kommunikat­ion zwischen zwei Computern abhört und wie Verschlüss­elung funktionie­rt.

Nach drei Stunden habe ich zwar nicht gelernt, selbststän­dig zu hacken, aber einige wichtige Lektionen, wie ich meine Daten schützen kann. Hinweis: Die Teilnahme am Kurs „Hacking und Internet-Security“erfolgte auf Einladung des Kursanbiet­ers Smart Ninja.

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Gute machen dasselbe wie böse Hacker – nur die Motive sind jeweils andere.

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