Der Standard

Die Fahndung der Mathematik­erin

Nermina Mumić deckt mit ihrem Tech- Start-up Legitary Betrug im Musikstrea­ming auf. Zu Hause ist die Mathematik­erin eigentlich an der TU Wien – das hat auch mit ihrer Mentorin zu tun.

- Karin Bauer

Frauen sind in der Start-upSzene selten. Gerade einmal eine von zehn solcher Gründungen wird von Frauen in die Welt gebracht. Je technische­r, desto männlicher.

Nermina Mumić darf als also als Ausnahme gelten. Die 28-jährige Absolventi­n des Studiengan­gs Technische Mathematik und Statistik (Bachelor und Master) der Technische­n Uni Wien hat im Rahmen eines FFG-geförderte­n Forschungs­projekts an ihrer Uni einen Algorithmu­s entwickelt, der Betrug beim Musikstrea­ming und bei den darauf basierende­n Abrechnung­en erschnüffe­lt. Begonnen hat es mit Rebeat – der Musikvertr­ieb wollte aus BigData-Analysen die betrügeris­chen Fälle herausfilt­ern lassen. Wie gut sich das Projekt entwickelt, hat offenbar überrascht – nach einem Artikel im US-amerikanis­chen Billboard- Magazin sind die Großen hellhörig geworden. Die junge Technikeri­n wurde nach Los Angeles eingefloge­n. „Auch Spotify hat sich gemeldet“, sagt die Mathematik­erin, die nun mithilfe der TU Wien ihr Start-up gründet. „Nebenbei“will sie allerdings ihren PhD weiter vorantreib­en.

Im eigenen Programm

Dies ist nicht das einzige Anliegen der in Bosnien geborenen Frau – Nermina Mumić arbeitet auch im Bundesvors­itz der Muslimisch­en Jugend Österreich. So hat sie auch ihre Mentorin, die Vizerektor­in der TU Wien, Anna Steiger, kennengele­rnt: Es sollte etwas in Gang kommen gegen Diskrimini­erung junger Musliminne­n im Arbeitsleb­en, und zwar durch strukturie­rtes Mentoring vonseiten etablierte­r, erfolgreic­her Frauen. Anna und Nermira wurden schließlic­h „gematcht“, es folgte ein Jahr lang eine strukturie­rte Mentoring-Beziehung.

Das war 2013, während des Bakkalaure­atsstudium­s. Mumić arbeitete nach Abschluss beim Berater Accenture im Bereich Big Data und erhielt dann das TU-Forschungs­angebot. Aus der Mentoringb­eziehung wurde mittlerwei­le eine freundscha­ftliche Frühstücks­beziehung – beide haben nur vor der Arbeit Zeit, eben in der Früh.

„Mit jungen Frauen zu arbeiten ist für mich wunderbar und bereichern­d. Dieser unmittelba­re Kontakt und Zugang ist auch für meine Funktion hier im Haus wichtig – ich muss ja wissen, wie die jungen Leute ticken“, sagt die für Personal und Gender verantwort­liche Vizerektor­in. Und betont, dass sie in ihren Mentoring-Partnersch­aften immer viel mehr lerne als die Mentees. Der Austausch zwischen Musliminne­n und Nichtmusli­minnen habe ihr zudem den Blick auf eine Vielfalt ermöglicht, der nicht Teil der öffentlich­en Diskus- sion sei, sagt Anna Steiger und erwähnt: „Stichwort Kopftuch.“

Den Umgang mit Hürden und Herausford­erungen auf dem Weg, sagt Nermina Mumić, habe sie von Anna gelernt. Sie habe einfach aus dem Erfahrungs­schatz schöpfen dürfen. Und wie hat die Bosnierin die als männlich beschriebe­ne Universitä­tsatmosphä­re erlebt? Beim Master sei sie teilweise als einzige Frau in der Vorlesung gesessen, erzählt sie in völlig sachlicher Art. Ja, sie habe schon eine gewisse „Verniedlic­hung“gemerkt, man werde unterschät­zt als junge Frau in diesem Feld. Augenhöhe müsse man sich recht hart holen.

Sie lässt sich davon nicht aufhalten, wie es scheint nicht einmal sonderlich beeindruck­en. Das Ziel ist groß und klar: ein Firmensitz in den USA, im Zentrum des digitalen Musikmarkt­es. Die Muslimisch­e Jugend startet im März erneut ein Mentoringp­rogramm, Mentorinne­n werden noch gesucht: office@mjoe.at

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TU-Vizerektor­in Anna Steiger mit ihrer Mentee Nermina Mumić, einer frischgeba­ckenen Start-upperin: Legitary will Betrug im Musikstrea­ming aufdecken.
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Foto: APA Material im Wert von 54,54 Mrd. Euro landet jährlich im Müll.

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