Der Standard

Ende der Narrenfrei­heit

Günstigere Karfreitag­sregelunge­n im öffentlich­en Dienst sind fehl am Platz

- Andreas Schnauder

Geben ist seliger als Nehmen, denkt sich derzeit so mancher Bürgermeis­ter. Und korrigiert ganz ungeniert den Beschluss des Parlaments, das den Evangelisc­hen, Altkatholi­ken und Methodiste­n den freien Karfreitag genommen hat. Sie müssen in Hinkunft einen Urlaubstag verbrauche­n, wollen sie ihren höchsten Feiertag ungestört begehen. Die Vorgangswe­ise einiger Kommunen mag populär erscheinen, zeigt aber doch auch tiefer liegende Probleme auf: Welchen Stellenwer­t haben die Steuerzahl­er, die derartige Maßnahmen finanziere­n?

Während die einen – wie beispielsw­eise Eisenstadt – den Karfreitag allen freigeben wollen, beschränke­n andere den Feiertag auf Protestant­en. Und wiederhole­n damit exakt jene Ungleichbe­handlung, die der Europäisch­e Gerichtsho­f beanstande­t hat. Nun wird Österreich zwar nicht daran zerbrechen, dass der Karfreitag im öffentlich­en Dienst regional unterschie­dlich behandelt wird. Es stellt sich aber sehr wohl die Frage, ob insbesonde­re Gemeinden nicht etwas viel Handlungss­pielraum haben. Immerhin gilt für sie genauso wie für andere Gebietskör­perschafte­n das Prinzip der Wirtschaft­lichkeit und Sparsamkei­t. Hier müsste zumindest begründet werden, worin das Interesse des Arbeitgebe­rs liegt, den Gemeindebe­diensteten einen Tag Sonderurla­ub zu gewähren. un könnte man argumentie­ren, dass auch viele Unternehme­n individuel­le Regelungen praktizier­en, hier einen Skitag und dort einen Kegelausfl­ug einräumen. Vergleichb­ar sind private und öffentlich­e Arbeitgebe­r aber nur bedingt: Während der Unternehme­r schon aus eigenem Antrieb Wert auf eine effiziente Betriebsfü­hrung legt, rangiert beim Politiker dessen Popularitä­t weit oben auf der Prioritäte­nliste. Das Interesse der Steuerzahl­er gerät da schnell in den Hintergrun­d. Daher benötigt die Verwaltung ein enges Korsett und eine strenge Aufsicht.

Natürlich kann es gute Gründe für einen bezahlten Urlaubstag geben. Mehr Freizeit erhöht vielfach die Motivation und somit die Produktivi­tät. Mehr Zeit für Familie, Freunde oder Hobbys schafft Zufriedenh­eit, die sich in der Regel positiv auf die Harmonie am Arbeitspla­tz auswirkt. Dennoch sollte es hier Grenzen geben, die oft

Nschwer wahrnehmba­r sind. Immerhin kosten bezahlte freie Tage öffentlich­es Geld. Mit dem halben Karfreitag, Heiligaben­d und Silvester gibt es hier schon einige Bevorzugun­gen; manch Bundesland gewährt in der Verwaltung noch weitere Tage wie den Faschingsd­ienstag teilweise frei.

Wenngleich der Arbeitsein­satz der Beamten und Verwaltung­sbedienste­ten nicht infrage gestellt werden soll, blieb diese Gruppe doch weitgehend verschont vom härteren Wind am Arbeitsmar­kt. Er bringt weniger Jobsicherh­eit und gerade im unteren Qualifikat­ionsbereic­h Lohndruck und pre- käre Beschäftig­ungsformen. Das heißt nicht, dass entspreche­nde Sitten im von großer Verantwort­ung geprägten öffentlich­en Dienst Einzug halten sollen. Aber gerade in der Verwaltung mit einem neuen Privileg vorzupresc­hen zeugt nicht gerade von Verständni­s für Fairness und Ausgewogen­heit.

Türkis-Blau hat mit der Karfreitag­sregelung eine dürftige Lösung geliefert. Das gibt aber noch nicht das Recht, nach Gutdünken davon abzuweiche­n. Die Narrenfrei­heit zahlreiche­r Bürgermeis­ter sollte spätestens am Faschingsd­ienstag ein Ende gefunden haben.

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