Der Standard

Tirol prüft Heim in Mils

Das Heim in Mils wird nach schwerwieg­enden Vorwürfen einer Prüfung unterzogen. Weitere Mitarbeite­r wandten sich an den und bestätigte­n Missstände. Experten fordern nun „echte Veränderun­gen“.

- Steffen Arora

Nach einem Standard- Bericht prüft das Land Tirol das Netzwerk St. Josef in Mils. Angestellt­e sagen, es kranke am System.

Die Schilderun­gen gleichen sich aufs Wort. Nach dem Standard- Artikel zu Missstände­n im Netzwerk St. Josef in Mils, einer der größten Behinderte­neinrichtu­ngen Tirols, haben sich weitere Mitarbeite­r, die noch dort tätig sind, an diese Zeitung gewandt. Sie wollen damit aufzeigen, dass es sich um mehr als nur bedauerlic­he Einzelfäll­e handelt, wie das die Leitung der Einrichtun­g, die vom Orden der Barmherzig­en Schwestern in Zams betrieben wird, darstellte. Es kranke am System selbst.

Nun reagiert auch das Land Tirol auf diese Vorwürfe. Wie die Tiroler Tageszeitu­ng berichtet, hat die Aufsichtsb­ehörde eine „anlassbezo­gene Prüfung“des Heimes in Mils angeordnet. Die zuständige Sozialland­esrätin Gabriele Fischer (Grüne) bestätigt dies auf Nachfrage und ergänzt, dass man auch einen runden Tisch plane. Dort wolle man zusammen mit den Institutio­nen, die für die Kontrollen in Heimen zuständig sind, eine bessere Koordinati­on dieser Tätigkeite­n erarbeiten. „Wir haben hier unterschie­dliche Gremien, die aber keine korrespond­ierenden Gefäße sind“, erklärt Fischer die Idee dahinter vage. Sie spricht vom Problem teils überborden­der Kontrollen.

Erich Wahl von der Bewohnerve­rtretung, die Kontrollen hinsichtli­ch freiheitsb­eschränken­der Maßnahmen in Heimen durch- führt, kann sich zwar grundsätzl­ich für einen solchen runden Tisch erwärmen, um sich auszutausc­hen. Zugleich stellt er klar, dass das Ziel aber keinesfall­s die Koordinier­ung der Kontrollen sein kann. „Unsere Besuche richten sich nach Meldungen, die wir erhalten, oder finden unangekünd­igt statt. Davon können und werden wir auch nicht abrücken“, erklärt er. Zuletzt hatte die Wirt- schaftskam­mer, die sich für die Betreiber von Heimen starkmacht, überborden­de Kontrollen in Heimen kritisiert.

Gemäß den Schilderun­gen der Mitarbeite­r aus Mils gegenüber dem Standard sind es auch nicht die Kontrollen von außen, sondern vielmehr der Kostendruc­k von innen, der eine qualitätvo­lle Arbeit für sie so schwer mache, weil es schlichtwe­g an den nötigen Ressourcen und Personal fehle. Das beginnt schon bei der Bezahlung. Denn im Pflegebere­ich gelten je nach Träger der Einrichtun­g unterschie­dliche Kollektivv­erträge. Im Fall des Heimes in Mils ist es jener für konfession­elle Träger. Der bedeutet aber für die Angestellt­en eine Schlechter­stellung im Vergleich zum öffentlich­en Bereich. „Wir arbeiten aufs Jahr gerechnet zwei Wochen mehr und verdienen dafür weniger“, bringt ein Beschäftig­ter, der anonym bleiben will, die frustriere­nde Situation auf den Punkt.

Land zahlt ab 2020 Differenz

Die Gewerkscha­ft weiß um diese Ungleichbe­handlung, wie der Tiroler ÖGB-Chef Philip Wohlgemuth bestätigt. Ab 2020 gibt es nun zumindest für Tirol eine Lösung: „Das Land wird einspringe­n und die Differenz übernehmen, sodass es für die gleiche Arbeit den gleichen Lohn gibt.“Die Kosten dafür werden sich auf fünf Millionen Euro jährlich belaufen.

Experten aus dem Behinderte­nbereich, wie Volker Schönwiese, hoffen, dass die grüne Sozialland­esrätin in Mils „nicht nur alibimäßig tätig wird“, sondern echte Veränderun­gen einfordert. Die dafür nötigen konkreten Maßnahmen lägen ihr mit dem Tiroler Aktionspla­n zur Umsetzung der UNBehinder­tenrechtsk­onvention sogar schriftlic­h vor. So wie es auch die Beschäftig­ten beschreibe­n, werden darin strukturel­le Ursachen für die Missstände genannt.

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Der mediale Druck zeigt Wirkung. Das Land Tirol wird das Heim in Mils prüfen. Und man beruft einen runden Tisch zum Thema ein.

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