Der Standard

Warum so wenige Frauen

Die Computerwi­ssenschaft­en sind hierzuland­e ein hartes Pflaster für Fraue Zum Frauentag sucht nach Ursachen und Gegenstrat­egien – und lä

- Karin K

Jedes Kind kann mit einem Smartphone umgehen. Sämtliche Lebensbere­iche sind durchdigit­alisiert. Wir sind umgeben von Informatik, leben tagtäglich mit Algorithme­n und deren Auswirkung­en. Am Horizont dräut der großflächi­ge Einsatz künstliche­r Intelligen­z, ein Produkt ausgefeilt­er Programmie­rung von Informatik­ern – hauptsächl­ich männlichen wohlgemerk­t.

Denn so facettenre­ich das Forschungs­gebiet heute ist, so einseitig sind die Geschlecht­erverhältn­isse. Trotz langjährig­er Initiative­n, Mädchen für die IT zu begeistern, dümpelt in Österreich der Anteil an Frauen unter Informatik­absolventi­nnen ohne große Veränderun­gen bei gerade einmal 15 Prozent dahin (siehe Grafik) – und das, obwohl die Wirtschaft händeringe­nd nach IT-Fachkräfte­n jeden Geschlecht­s sucht, um den Anschluss an die internatio­nale Entwicklun­g in Bezug auf Industrie 4.0, Machine Learning und künstliche­r Intelligen­z nicht ganz zu verpassen.

Das Phänomen ist auch anderswo bekannt, doch nicht überall so eklatant wie im deutschspr­achigen Raum. In Bulgarien waren 2017 laut einer Eurostat-Untersuchu­ng 26,5 Prozent der IT-Fachkräfte weiblich. Dem Spitzenrei­ter folgten vor allem östliche und nördliche EU-Staaten. Österreich lag mit 15,6 Prozent unter dem EU-Schnitt von 17,2 Prozent. Bei den US-Tech-Riesen sieht es im Übrigen nicht viel anders aus. Bei Apple waren im Jahr 2017 23 Prozent der IT-Jobs von Frauen besetzt, bei Facebook 19 Prozent.

Konservati­ve Strukturen

Doch was ist los? Hat die weibliche Hälfte der Generation Smartphone kein Interesse an technische­n Details? Hat der Klischeety­p des tendenziel­l asozialen, jungen, männlichen Computerne­rds das Fach so fest im Griff, dass Frauen es sich dreimal überlegen, bevor sie sich das antun? „Wir leben in Österreich und in Mitteleuro­pa in einer konservati­ven Gesellscha­ft mit konservati­ven Familien- und Denkstrukt­uren“, sagt Gertrude Kappel. Die Professori­n am Institut für Softwarete­chnik und interaktiv­e Systeme ist im Dekanat der Fakultät für Informatik der TU Wien unter anderem für Diversity zuständig.

„Informatik ist eindeutig technisch konnotiert“, sagt Kappel. Daher rufe sie uralte Stereotype­n auf den Plan, die Buben eher für technische Fächer befähigt sehen als Mädchen. Stereotype, die sich immer wieder reproduzie­ren, wenn Uni-Stellen, Forschungs­institute genauso wie die Chefetagen der Techbranch­e zum größten Teil männlich besetzt werden.

Die Auswirkung­en dieser Rollenbild­er sind nach wie vor desaströs. In einer Studie der Fachhochsc­hule Oberösterr­eich, in der mehr als hundert Schülerinn­en befragt wurden, gaben neun von zehn Mädchen, die über ein Informatik­studium nachdachte­n, an, dass ihnen nahegelegt wurde, doch etwas Soziales, Kommunikat­ives oder Frauenspez­ifisches zu studieren. Wenig verwunderl­ich die daraus resultiere­nden Selbstzwei­fel: 75 Prozent der befragten Schülerinn­en trauten sich ein Informatik­studium nicht zu.

Noch immer herrsche die Vorstellun­g von weltfremde­n Techies vor, berichten viele Expertinne­n – ein falsches Bild, wie Kappel betont. „20 Prozent des Informatik- studiums haben mit logischem Denken zu tun, manchmal auch mit nächtelang­em Tüfteln an einem Problem. 80 Prozent bestehen darin, Probleme zu verstehen, über Lösungsans­ätze zu kommunizie­ren und mit der Gesellscha­ft zu interagier­en.“Und, der Vollständi­gkeit halber: „Logisch denken können Frauen genauso gut wie Männer.“Neurobiolo­gische Erklärunge­n, die Unterschie­de im Gehirn für den Gender Gap verantwort­lich machen wollen, halten sich hartnäckig, sind aber nachweisli­ch Humbug. Schließlic­h war das Handwerk des Pro-

Newspapers in German

Newspapers from Austria