Grasser selbst soll zweite Buwog-Bieterrunde beschlossen haben
Laut dem Zeugen und Exkabinettschef Traumüller hat sich der Finanzminister dabei auf Expertenempfehlung gestützt
Wien – Der 80. Tag in der BuwogVerhandlung gehörte dem Zeugen Heinrich Traumüller. Der frühere Kabinettschef von Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Expersonalchef des Ministeriums wurde den ganzen Tag lang einvernommen, stundenlang ackerte Richterin Marion Hohenecker seine handschriftlichen Notizen durch.
Eine der wesentlichen Aussagen des Beamten bezog sich auf die Frage, wer denn beschlossen habe, eine zweite Angebotsrunde durchzuführen. In der ersten hatte die CA Immo die Nase vorn, die zweite gewann das ÖsterreichKonsortium mit 961 Mio. Euro und um die Mininasenlänge von einer Million Euro. Laut dem Zeugen hat „letztlich der Herr Minister“entschieden, dass es eine zweite Runde im Privatisierungsverfahren der Bundeswohnungen geben solle. Er habe sich auf die Empfehlungen der Experten verlassen. Die Berater von Lehman Brothers hätten gemeint, dass „da noch was drinnen“sei, erklärte Traumüller. Bei einer Besprechung im Gelben Salon des Ministeriums am 7. Juni 2004 sei das gewesen, in der Anwesenheit von einem Dutzend Leuten. Darunter der damalige Staatssekretär Alfred Finz (ÖVP), diverse Berater, aber auch der damalige FPÖ-Abgeordnete und frühere Finanzchef der Freiheitlichen, Detlev Neudeck.
„Warum er?“, wollte die Richterin wissen. Weil Neudeck als Bautensprecher ein wichtiger Abgeordneter gewesen sei. Übrigens habe er, Traumüller, auch gute Kontakte zu Wolfgang Großruck gepflegt, der damals Bautenspre- cher der ÖVP gewesen ist. Bei der Frage, ob die Besprechung im Gelben Salon eine ordentliche Sitzung der Auswahlkommission gewesen sei, der auch der Zeuge angehörte, konnte der nicht weiterhelfen. Damit habe er sich nicht beschäftigt. Die Geschäftsordnung der Kommission nannte er „bürokratischen Kleinkram“. Er selbst sei ab 2003 „Projekteiter“des Unterfangens Buwog-Privatisierung gewesen, seinen Minister habe er nicht mit Details belästigt. „Wenn’s lauft, dann lauft’s“, habe Grasser zu ihm gemeint.
Traumüller hatte auch einen programmatischen Satz vorbereitet, den er mitten in seiner Vernehmung kundtat: „Ich habe keine Tatpläne, ungesetzlichen Vorgänge wahrgenommen, Minister Grasser hat immer die richtigen Entscheidungen getroffen und ist Experten gefolgt.“Grasser selbst sagt ja sinngemäß aus, er habe nie direkt in den Privatisierungsvorgang eingegriffen.
Die Akten, aus denen die Notizen Traumüllers stammen, lagen am Dienstag zwar auf dem Richtertisch, Grassers Anwälte bemängelten aber, dass sie keine Einsicht gehabt hätten, und verlangten Aktenabschriften. Die hat der Richtersenat bewilligt, den Antrag von Walter Meischbergers Anwalt, Jörg Zarbl, auf zehntägige Vorbereitungszeit für die TraumüllerAkten lehnte er aber ab.
Das Notizenstudium konnte am 80. Verhandlungstag nicht beendet werden, am Donnerstag kommt Traumüller noch einmal. Heute, Mittwoch, wird Grassers Exmitarbeiter und Prozessgegner (üble Nachrede) Michael R. aussagen. Er gilt als Belastungszeuge. p Liveticker Mittwoch ab 9.30 Uhr
derStandard.at/Wirtschaft