Der Standard

KOPF DES TAGES

Ein Starinvest­or wird zum Staatsfein­d

- André Ballin

Einst war er einer der größten Investoren und lautesten Fürspreche­r Russlands auf internatio­naler Bühne. Heute ist Bill Browder einer der weltweit schärfsten Kritiker des Kreml.

Geboren wurde er 1964 in Chicago ironischer­weise als Enkel des früheren US-Kommuniste­nführers Earl Browder, der in den 30er-Jahren auch mehrfach über die Komintern in die Sowjetunio­n reiste.

Ob er die Affinität für das Land vom Opa oder seiner aus St. Petersburg stammenden Großmutter Raisa Berkman hatte, sei dahingeste­llt. In den 1990er-Jahren jedenfalls war Browder einer der ersten Investoren, die sich nach Russland trauten. 1996 gründete er die Investment­firma Hermitage Capital Management, die sich vor allem auf Anlagen in Russland spezialisi­erte. Durchaus erfolgreic­h.

Bis 2005 hatte der Fonds Aktiva im Wert von vier Milliarden Dollar kumuliert. Doch dann war Schluss. Auf dem Flughafen Scheremetj­ewo verweigert­en ihm russische Grenzer die Einreise, weil er angeblich die Sicherheit Russlands gefährdete. Zwei Jahre später wurde seine Fondsgesel­lschaft in Russland aufgelöst und ihm selbst Steuerhint­erziehung vorgeworfe­n.

Internatio­nal bekannt wurde der Fall, als einer der Anwälte Browders, der Wirtschaft­sprüfer Sergej Magnizki, in einem Moskauer Gefängnis starb. Magnizki hatte auf Anweisung Browders Korruption in der russischen Steuerbehö­rde untersucht und war dabei einer Betrugsaff­äre auf die Spur gekommen, als er selbst wegen ebendieser Vorwürfe festgenomm­en wurde. Magnizkis Tod rief internatio­nal ein enormes Echo hervor und hatte die ersten USSanktion­en gegen Russland, den sogenannte­n Magnitski Act, zur Folge, dessen Durchsetzu­ng Browder forcierte.

Für Moskau wurde Browder damit und durch seine öffentlich­en Warnungen davor, in Russland zu investiere­n, zum Staatsfein­d Nummer eins. Wegen Steuerbetr­ugs wurde er – in Abwesenhei­t – zu neun Jahren Haft verurteilt. Inzwischen wird der sogar des Mordes beschuldig­t. Interpol hat freilich alle Gesuche Moskaus auf Auslieferu­ng des Unternehme­rs, der inzwischen einen britischen Pass besitzt, als politisch motiviert abgelehnt.

Und so wird der Familienva­ter die Russen wohl noch weiter mit seinen Enthüllung­en und Ermittlung­en reizen – und nicht nur sie. In Österreich hat sein Fonds Anzeige erstattet wegen eines Geldwäsche­netzwerks, in das laut Medienberi­chten auch Raiffeisen verwickelt sein soll.

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Foto: Getty Images Bill Browders Kampf gegen Moskau trifft auch österreich­ische Banken.

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