Liaison mit einem Paria der Wall Street
Die Deutsche Bank gewährte Donald Trump Kredit, als dem Immo-Tycoon keine US-Bank mehr Geld lieh. Nun begehrt das Repräsentantenhaus die Dokumente. Der US-Präsident wehrt sich.
Als Donald Trump im Jänner 2017 auf dem Westbalkon des Kapitols seinen Amtseid ablegte, saß eine zierliche Dame in einem weißen Parka im abgesperrten Bereich für prominente Gäste. Kaum einer der Reporter nahm Notiz von ihr. Kaum einer wusste, welche Rolle sie für Trump gespielt hatte. Das änderte sich vor gut zwei Monaten mit einem Bericht der New York Times, der die Geschäftskontakte des heutigen US-Präsidenten zur Deutschen Bank in aufschlussreichen Details dokumentierte.
Rosemary Vrablic, die Frau im Parka, war bei der New Yorker Vermögensverwaltung der Frankfurter die Privatbankerin, die sich um Trump kümmerte. Wie ein Synonym steht ihr Name für eine enge Beziehung, die sich über beinahe zwei Jahrzehnte erstreckte. Mehr als zwei Milliarden Dollar soll die Bank dem Immobilienmogul in dieser Zeit geliehen haben. An der Wall Street dürfte niemand genauer im Bilde sein als Vrablic, keine andere Finanzinstitution dürfte die Vermögensverhältnisse des Präsidenten besser kennen als die Deutsche Bank.
Das hat das Interesse des Repräsentantenhauses geweckt, in dem die Demokraten, die nunmehr die Mehrheit bilden, auf Transparenz drängen. Bis heute
hält Trump seine Steuererklärungen unter Verschluss, womit er gegen ungeschriebene Gesetze verstößt, die den Amtsinhaber im Oval Office zumindest moralisch zur Offenlegung verpflichten. Sicher dürfte sein, dass die Deutsche Bank über Steuerunterlagen verfügt, die er einreichen musste, um seine Kreditwürdigkeit unter Beweis zu stellen – wenn nicht über komplette Steuererklärungen. Gibt sie diese heraus, hat die Opposition erreicht, was der Staatschef freiwillig nicht liefert. Zudem könnte die Dokumentensammlung ein Muster belegen, das Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen neulich im Zeugenstand eines Kongressausschusses skizziert hatte: dass der Magnat sein Vermögen entweder aufbauschte oder kleinrechnete, wie es ihm gerade passte. Als er den Fußballklub Buffalo Bills kaufen wollte und bei der Deutschen Bank vorstellig wurde, nannte Cohen ein Beispiel, habe er tadellose Kreditwürdigkeit herausgestellt. Sei es dagegen um die Höhe der Grundstückssteuer gegangen, habe er den Wert seiner Immobilien heruntergespielt.
Die Angst vor brisanten Enthüllungen hat Trump bewogen, bei einem Bezirksgericht in New York Klage gegen das Geldinstitut einzureichen. Gemeinsam mit seinen Söhnen Eric und Donald Jr., Tochter Ivanka und sieben Firmen der Trump-Gruppe will er der Deutschen Bank untersagen, dem Kongress Unterlagen über eine Geschäftsbeziehung auszuhändigen, die spätestens 1998 begann und erst mit Trumps Einzug ins Weiße Haus ein vorläufiges Ende fand.
Knapp vor dem Bankrott
Angefangen hat es mit der Anfrage eines Kreditmaklers bei Mike Offit, der von Goldman Sachs zur Investmentabteilung der Deutschen gewechselt war. Ob man, schreibt die NYT, einem Wall-Street-Paria Geld leihen würde? Hinter Trump lag eine Phase, die ihn um ein Haar in den Ruin getrieben hätte. In Atlantic City war er groß ins Geschäft mit dem Glücksspiel eingestiegen. Als seine drei luxuriösen Spielcasinos nicht die erhofften Einnahmen erzielten, stand er hochverschuldet vor dem Bankrott. Eine Fluglinie erwies sich als Flop, in Manhattan erlitt er Schiffbruch mit dem Plaza-Hotel, einem Juwel der Architektur. Seine Gläubiger ersparten ihm den Offenbarungseid, in ihrer Kalkulation war es das kleinere Übel, dem Mann einen Rettungsring zuzuwerfen, statt ihn untergehen zu lassen. Danach war praktisch kein US-Geldhaus mehr bereit, Trump Geld zu leihen.
Bei der Deutschen Bank, die um die Gunst prominenter Kunden buhlte, sah man das offenbar anders. 1998 bekam Trump jene 125 Millionen Dollar, die er brauchte, um einen Skyscraper nahe der Börse zu renovieren; danach 300 Millionen für den Bau eines Wolkenkratzers vis-à-vis des UnoHauptquartiers. 2003 verkaufte die Bank Anleihen für die Marke Trump Hotel & Casino Resorts – die Trump im Jahr darauf platzen ließ. Dennoch bekam er 2005 mehr als 500 Millionen Dollar Kredit für den Bau eines 92-Etagen-Hochhauses in Chicago. Auch den ließ er in der Finanzkrise platzen – und verklagte die Deutsche Bank. Die Finanzkrise, so seine Anwälte, sei eine Art Naturkatastrophe gewesen. Damals hatten die Investmentbanker bereits sämtliche Verbindungen zu Trump gekappt. Dafür sprang die Vermögensverwaltung der Deutschen Bank ein. Verantwortlich: Rosemary Vrablic. Mehr als 300 Millionen Dollar sollen unter ihrer Ägide an den Baulöwen geflossen sein. Unter anderem für ein altes Postgebäude im Zentrum Washingtons, das zum Luxushotel umgebaut wurde und in dem Diplomaten Empfänge veranstalten, wenn ihre Länder sich bei Präsident Trump einschmeicheln wollen.