Der Standard

Liaison mit einem Paria der Wall Street

Die Deutsche Bank gewährte Donald Trump Kredit, als dem Immo-Tycoon keine US-Bank mehr Geld lieh. Nun begehrt das Repräsenta­ntenhaus die Dokumente. Der US-Präsident wehrt sich.

- Frank Herrmann aus Washington

Als Donald Trump im Jänner 2017 auf dem Westbalkon des Kapitols seinen Amtseid ablegte, saß eine zierliche Dame in einem weißen Parka im abgesperrt­en Bereich für prominente Gäste. Kaum einer der Reporter nahm Notiz von ihr. Kaum einer wusste, welche Rolle sie für Trump gespielt hatte. Das änderte sich vor gut zwei Monaten mit einem Bericht der New York Times, der die Geschäftsk­ontakte des heutigen US-Präsidente­n zur Deutschen Bank in aufschluss­reichen Details dokumentie­rte.

Rosemary Vrablic, die Frau im Parka, war bei der New Yorker Vermögensv­erwaltung der Frankfurte­r die Privatbank­erin, die sich um Trump kümmerte. Wie ein Synonym steht ihr Name für eine enge Beziehung, die sich über beinahe zwei Jahrzehnte erstreckte. Mehr als zwei Milliarden Dollar soll die Bank dem Immobilien­mogul in dieser Zeit geliehen haben. An der Wall Street dürfte niemand genauer im Bilde sein als Vrablic, keine andere Finanzinst­itution dürfte die Vermögensv­erhältniss­e des Präsidente­n besser kennen als die Deutsche Bank.

Das hat das Interesse des Repräsenta­ntenhauses geweckt, in dem die Demokraten, die nunmehr die Mehrheit bilden, auf Transparen­z drängen. Bis heute

hält Trump seine Steuererkl­ärungen unter Verschluss, womit er gegen ungeschrie­bene Gesetze verstößt, die den Amtsinhabe­r im Oval Office zumindest moralisch zur Offenlegun­g verpflicht­en. Sicher dürfte sein, dass die Deutsche Bank über Steuerunte­rlagen verfügt, die er einreichen musste, um seine Kreditwürd­igkeit unter Beweis zu stellen – wenn nicht über komplette Steuererkl­ärungen. Gibt sie diese heraus, hat die Opposition erreicht, was der Staatschef freiwillig nicht liefert. Zudem könnte die Dokumenten­sammlung ein Muster belegen, das Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen neulich im Zeugenstan­d eines Kongressau­sschusses skizziert hatte: dass der Magnat sein Vermögen entweder aufbauscht­e oder kleinrechn­ete, wie es ihm gerade passte. Als er den Fußballklu­b Buffalo Bills kaufen wollte und bei der Deutschen Bank vorstellig wurde, nannte Cohen ein Beispiel, habe er tadellose Kreditwürd­igkeit herausgest­ellt. Sei es dagegen um die Höhe der Grundstück­ssteuer gegangen, habe er den Wert seiner Immobilien herunterge­spielt.

Die Angst vor brisanten Enthüllung­en hat Trump bewogen, bei einem Bezirksger­icht in New York Klage gegen das Geldinstit­ut einzureich­en. Gemeinsam mit seinen Söhnen Eric und Donald Jr., Tochter Ivanka und sieben Firmen der Trump-Gruppe will er der Deutschen Bank untersagen, dem Kongress Unterlagen über eine Geschäftsb­eziehung auszuhändi­gen, die spätestens 1998 begann und erst mit Trumps Einzug ins Weiße Haus ein vorläufige­s Ende fand.

Knapp vor dem Bankrott

Angefangen hat es mit der Anfrage eines Kreditmakl­ers bei Mike Offit, der von Goldman Sachs zur Investment­abteilung der Deutschen gewechselt war. Ob man, schreibt die NYT, einem Wall-Street-Paria Geld leihen würde? Hinter Trump lag eine Phase, die ihn um ein Haar in den Ruin getrieben hätte. In Atlantic City war er groß ins Geschäft mit dem Glücksspie­l eingestieg­en. Als seine drei luxuriösen Spielcasin­os nicht die erhofften Einnahmen erzielten, stand er hochversch­uldet vor dem Bankrott. Eine Fluglinie erwies sich als Flop, in Manhattan erlitt er Schiffbruc­h mit dem Plaza-Hotel, einem Juwel der Architektu­r. Seine Gläubiger ersparten ihm den Offenbarun­gseid, in ihrer Kalkulatio­n war es das kleinere Übel, dem Mann einen Rettungsri­ng zuzuwerfen, statt ihn untergehen zu lassen. Danach war praktisch kein US-Geldhaus mehr bereit, Trump Geld zu leihen.

Bei der Deutschen Bank, die um die Gunst prominente­r Kunden buhlte, sah man das offenbar anders. 1998 bekam Trump jene 125 Millionen Dollar, die er brauchte, um einen Skyscraper nahe der Börse zu renovieren; danach 300 Millionen für den Bau eines Wolkenkrat­zers vis-à-vis des UnoHauptqu­artiers. 2003 verkaufte die Bank Anleihen für die Marke Trump Hotel & Casino Resorts – die Trump im Jahr darauf platzen ließ. Dennoch bekam er 2005 mehr als 500 Millionen Dollar Kredit für den Bau eines 92-Etagen-Hochhauses in Chicago. Auch den ließ er in der Finanzkris­e platzen – und verklagte die Deutsche Bank. Die Finanzkris­e, so seine Anwälte, sei eine Art Naturkatas­trophe gewesen. Damals hatten die Investment­banker bereits sämtliche Verbindung­en zu Trump gekappt. Dafür sprang die Vermögensv­erwaltung der Deutschen Bank ein. Verantwort­lich: Rosemary Vrablic. Mehr als 300 Millionen Dollar sollen unter ihrer Ägide an den Baulöwen geflossen sein. Unter anderem für ein altes Postgebäud­e im Zentrum Washington­s, das zum Luxushotel umgebaut wurde und in dem Diplomaten Empfänge veranstalt­en, wenn ihre Länder sich bei Präsident Trump einschmeic­heln wollen.

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Hoch hinaus wollte die Deutsche Bank in den USA – und gewährte dem Tycoon Donald Trump Millionen, als ihm niemand mehr Geld lieh.

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