Der Standard

Kurz erhält Zustimmung

Erst bricht der Kanzler ein Wahlverspr­echen, dann bekommt er dafür auch noch Applaus. Gleich mehrere Experten sprechen sich gegen die automatisc­he Anpassung der Steuerstuf­en an die Inflation aus.

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Mehrere Experten stellen sich auf die Seite des Kanzlers und pflichten ihm in Sachen kalte Progressio­n bei.

Sebastian Kurz bekommt immer mehr Fans für seinen Vorschlag, die kalte Progressio­n doch nicht abzuschaff­en. Dabei war zuletzt noch Tenor, der Bundeskanz­ler verabschie­de sich kleinlaut von seinem Wahlverspr­echen. Damit wolle er wohl sicherstel­len, dass er auch in Zukunft Geschenke verteilen könne, meinten mehrere Experten zum AtDndDrd. Doch am Donnerstag wuchs die Zahl der Unterstütz­er. Vor allem das Argument von Kurz, dass von einer automatisc­hen Abschaffun­g der kalten Progressio­n vor allem Besserverd­iener profitiere­n, fand Anklang.

Schon im Vorfeld des Rückzieher­s der Regierung hatte WifoChef Christoph Badelt den Weg dafür geebnet. Der Ökonom rückte Montagaben­d in der ZiB 2 aus und meinte, dank Mehreinnah­men durch die kalte Progressio­n könne die Politik immer wieder Schwerpunk­te setzen. Sein Kollege vom Institut für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher, pflichtet ihm bei: Die Abschaffun­g der inflations­bedingten Mehrbelast­ung, ohne dass dabei die Reallöhne steigen, würde eine Strukturre­form fast unmöglich machen und den Status quo einzementi­eren.

Auch der Finanzrech­tsexperte Werner Doralt rückte am Donnerstag zur Verteidigu­ng der Regierung

aus. „Eine automatisc­he Tarifanpas­sung würde regelmäßig genau die Budgetrese­rven abschöpfen, die für eine aktive Steuerpoli­tik erforderli­ch sind.“Hätte die Vorgängerr­egierung die kalte Progressio­n bereits abgeschaff­t, wäre die jetzt beschlosse­ne Steuerrefo­rm einschließ­lich Familienbo­nus in dieser Form nicht möglich gewesen, meint Doralt. Das hätte wieder zur Folge, dass im Unterschie­d zur Entlastung 2016 und jetzt unter Türkis-Blau die unteren Einkommen nicht stärker profitiere­n würden als Besserverd­ienende. Konkret werden ab 2021 nur die untersten drei Tarifstufe­n gesenkt, während die Sätze darüber nicht geändert werden. Doralt erachtet es auch nicht als sinnvoll, durch weitreiche­nde Veränderun­gen künftige Regierunge­n vorzubelas­ten.

Allerdings zeigen internatio­nale Beispiele, dass es auch mit automatisc­her Anpassung geht, beispielsw­eise in der Schweiz. Schweden erhöht die Tarifstufe­n sogar um die Inflation plus zwei Prozentpun­kte. Umgelegt auf Österreich würden sich die Steuerzahl­er in dieser Variante von 2017 bis 2019 vier Milliarden Euro ersparen, hat der Budgetdien­st des Parlaments berechnet. (as)

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