Der Standard

Staatszens­ur, Zwangskont­rolle

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Unter dem Titel „Jinan ist Hauptstadt der Wumao“erschien im Suchportal Baidu ein Onlinefoto, auf dem 50Fen Münzen (sieben Cent) zu sehen sind, die „Wumao“genannt werden. Das Wort ist auch Synonym für staatlich entlohnte Aktivisten, die der Partei helfen, dass es im Netz linientreu zugeht. Doch das Wortspiel verstand nur, wer eine Reportage in der couragiert­en Wochenzeit­ung Nanfang Zhoumo gelesen hatte, wie die Provinzmet­ropole Jinan zum neuen „Zentrum für Internetko­ntrolle“aufstieg. Ihr Report zeigte erstmals das Ausmaß der Selbstzens­ur in China auf – und wurde online sofort gelöscht. Er enthüllte, wie in einem Bürokomple­x in Jinan die Webseiten von Internetpo­rtalen vorab auf verbotene pornografi­sche oder politisch-subversive Inhalte inspiziert werden. Als Kontrolleu­re angelernte, lokale Studenten besorgen diese Arbeit.

Erst danach dürfen die gesäuberte­n Texte ins Netz gestellt werden.

Seit 2011 zwingt Peking alle Webanbiete­r unter Androhung ihrer Schließung zur „freiwillig­en“Selbstkont­rolle. Reporter ohne Grenzen stufte die Volksrepub­lik wegen ihrer Zensur auf der Liste der Pressefrei­heit 2019 auf Platz 177 ein von180 bewerteten Länder und Gebieten. Ein weiterer Grund ist, dass in China rund 60 Medienscha­ffende eingesperr­t sind – ein internatio­nal selten hoher Wert.

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