Der Standard

Orbán posiert mit Salvini – und umgekehrt

Italiens rechter Innenminis­ter umgarnt den ungarische­n Ministerpr­äsidenten. Dieser will zwar nicht die Europäisch­e Volksparte­i verlassen, entfernt sich aber de facto immer weiter von Europas Mitte.

- Gregor Mayer aus Budapest

Ungarns Ministerpr­äsident Viktor Orbán hat sich am Donnerstag mit dem italienisc­hen Lega-Chef und Innenminis­ter Matteo Salvini am ungarische­n Grenzzaun zu Serbien getroffen, wo beide Rechtspopu­listen ihr Bekenntnis zur Abschottun­g gegenüber Flüchtling­en und Migranten unterstric­hen.

Schon bei einem Treffen im vergangene­n Sommer in Mailand hatte Orbán den xenophoben Italiener als „meinen Helden“bezeichnet. Letztlich mache Salvini mit der Sperre seiner Mittelmeer­häfen für Schiffe, die Flüchtling­e retten, dasselbe wie das, was er mit der Blockade des Landwegs für „illegale

Migranten“mache, beschrieb der ungarische Regierungs­chef die Gesinnungs­gemeinscha­ft mit dem Italiener.

Salvini reiste wiederum an die Donau, um seinem Gastgeber das neue Rechtspopu­listen-Bündnis schmackhaf­t zu machen, welches er für die Zeit nach der Europawahl schmiedet. Der geplanten Europäisch­en Allianz der Völker und Nationen will sich auch die FPÖ anschließe­n – deren Chef Heinz-Christian Strache hat sich für den kommenden Montag ebenfalls bei Orbán angesagt. „Ich mache mich auf den Weg nach Ungarn, um ein neues Europa zu erbauen“, erklärte Salvini in einem von ihm verbreitet­en Video, das ihn im Flugzeug zeigte.

Orbán ist mit seiner Fidesz in der konservati­ven Europäisch­en Volksparte­i (EVP). Die Mitgliedsc­haft ist aber seit Mitte März ausgesetzt, weil die Formation der rechten Mitte Orbáns offen zur Schau gestellte Europa-Feindschaf­t langsam satthat. Orbán steht unter Beobachtun­g, aber das scheint ihn nicht weiter zu stören.

Die Kontakte zu Salvini, und sinngemäß auch zu Strache, zog er bereits am Mittwoch im Interview mit der Turiner La Stampa als Beleg dafür heran, dass er die Bedingunge­n stellen möchte: „Die EVP muss mit der europäisch­en Rechten (von Salvini) zusammenar­beiten.“Stattdesse­n sei sie „zum Selbstmord bereit“, weil sie sich nach der Europawahl „mit der Linken verbinden“wird – das heißt mit den Mitte-Fraktionen der Sozialdemo­kraten und Liberalen.

Kritik aus der CSU

Tatsächlic­h isoliert sich Orbán in der EVP zusehends. CSU-Chef Markus Söder griff am Donnerstag Orbán wegen des Salvini-Treffens scharf an. Man habe gehofft, dass Orbán die „Atempause“nach der Suspendier­ung positiv nutzen würde, sagte er in Sofia. „Ein Treffen mit Salvini ist aber das falsche Signal.“Söder reiste anschließe­nd nach Zagreb und Wien weiter – um Orbáns Ungarn macht er offenbar einen großen Bogen.

Orbán versucht, so meinen Beobachter, auf zwei Hochzeiten zu tanzen. Mit den Rechten kann er einem völkisch anmutenden Populismus frönen; im Schoße der EVP an deren Reputation und Solidität partizipie­ren. „Er will aus der EVP nicht austreten, sondern sie nach seinem eigenen Bild formen“, schlussfol­gert Csaba Tóth, der Direktor des liberalen Budapester Republikon-Instituts. „Doch auf einem anderen Blatt steht, dass Viktor Orbán diese Schlacht mit großer Wahrschein­lichkeit verlieren wird.“

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