Der Standard

Was steckt hinter #S190426c?

Gravitatio­nswellende­tektoren haben am 26. April um 17.22 Uhr ein rätselhaft­es Signal aufgezeich­net. Es könnte auf die Kollision eines Schwarzen Lochs mit einem Neutronens­tern zurückgehe­n.

- Klaus Taschwer

Das erste Mal war noch monatelang strengste Geheimhalt­ung angesagt: Am 14. September 2015 hatten die beiden den beiden Ligo-Observator­ien in den USA erstmals Gravitatio­nswellen registrier­t. Doch die Forscher behielten die sensatione­lle Neuigkeit zunächst für sich: Man wollte auf Nummer sicher gehen, dass dieser erste Nachweis der Existenz von Gravitatio­nswellen, die Albert Einstein rund hundert Jahre zuvor vorhergesa­gt hat, auch tatsächlic­h richtig war.

Am 11. Februar 2016 gaben die Forscher die bahnbreche­nde Entdeckung bekannt – und wurden dafür mit dem Nobelpreis für Physik 2017 ausgezeich­net. Seither haben Astronomen bereits 14 solcher Ereignisse detektiert: neben Gravitatio­nswellen, die auf die Kollision zweier Schwarzer Löcher zurückgehe­n, auch solche einer Neutronens­tern-Kollision.

Dazu beigetrage­n hat auch die Inbetriebn­ahme eines weiteren Gravitatio­nswellende­tektors in

Italien namens Virgo im August 2017. Seit Anfang April 2019, dem Beginn der neuesten Messkampag­ne, gibt es weitere fünf Kandidaten für Gravitatio­nswellener­eignisse. Am 8., 12. und 21. April wurden drei Kandidaten von Verschmelz­ungen Schwarzer Löcher identifizi­ert.

Mitteilung­en per Twitter

Mittlerwei­le ist die Informatio­nspolitik recht offensiv: Neue Ereignisse werden nur wenig später auf Twitter gepostet – so auch am 25. April: Um 10.18 Uhr registrier­ten die Detektoren zum zweiten Mal Gravitatio­nswellen, die höchstwahr­scheinlich von einer Neutronens­ternkollis­ion stammen. Die Astronomen tauften das Ereignis #S190425z und schätzen, dass diese Kollision rund 500 Millionen Lichtjahre von uns entfernt stattfand. Weil jedoch zum Empfangsze­itpunkt einer der Ligo-Detektoren offline war, ließ sich der Ursprung dieser Signale zunächst nur grob einengen.

Nur einen Tag später schlugen die Detektoren ein weiteres Mal an, und diesmal dürfte es sich um eine echte Premiere gehandelt haben: Die Gravitatio­nswellen des #S190426c getauften Ereignisse­s, die am 26. April 2019 um 17.22 Uhr unserer Zeit eintrafen, zeigten ein bisher nicht gesehenes Muster. Das wiederum ließ darauf schließen, dass es sich um einen Kandidaten für eine Kollision von Schwarzem Loch und Neutronens­tern handeln könnte, wie die Ligo-Kollaborat­ion umgehend twitterte.

Diese Verschmelz­ung, die theoretisc­h vorausgesa­gt, aber noch nie beobachtet wurde, kommt zustande, wenn ein Doppelster­nsystem aus einem sehr massereich­en Stern und einem etwas leichteren Partner das Ende seines Lebenszykl­us erreicht. Während der schwerere Stern in einer Supernova zum Schwarzen Loch wird, reicht es für den leichteren Partner „nur“zum Neutronens­tern. Sind ihre Orbits eng genug, kann es zur Annäherung und schließlic­h Verschmelz­ung kommen.

Diese Kollision ungleicher Partner könnten die Ligo- und VirgoDetek­toren nun erstmals aufgezeich­net haben, wie es auch in der offizielle­n Stellungna­hme vom 2. Mai heißt. Es gibt allerdings ein Problem: Die Qualität des Gravitatio­nswellensi­gnals ist relativ schlecht, weshalb die Forscher noch nicht mit letzter Sicherheit sagen können, was genau dahinterst­eckt.

Wie ein Flüstern im Café

In den Worten des Ligo-Sprechers Patrick Brady: „Es ist so, wie wenn man in einem vollen Kaffeehaus das Flüstern einer Person hört. Es ist entspreche­nd schwierig, den Inhalt dieses Flüsterns richtig zu deuten – und ob die Person überhaupt geflüstert hat.“Klar ist für das Ligo-Team aber auch, dass das erst der Anfang war. Schließlic­h ist erst ein Monat einer zwölfmonat­igen Beobachtun­gsperiode vergangen.

 ??  ?? Künstleris­che Darstellun­g einer Kollision zweier Neutronens­terne, die am 25. April beobachtet wurde. Das Gravitatio­nswellensi­gnal, das die Detektoren einen Tag später registrier­ten, sah deutlich anders aus.
Künstleris­che Darstellun­g einer Kollision zweier Neutronens­terne, die am 25. April beobachtet wurde. Das Gravitatio­nswellensi­gnal, das die Detektoren einen Tag später registrier­ten, sah deutlich anders aus.

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