Der Standard

Wie der Ultraschal­l per Handy zur Hoffnung armer Regionen wird

Neue Technik soll Versorgung­slücke schließen

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Was in Europa längst Routine ist, bleibt 4,7 Milliarden Menschen weltweit bislang noch vorenthalt­en: Ultraschal­luntersuch­ungen etwa bei Schwangers­chaft, Verdacht auf Lungenentz­ündung oder zur Ortung und Untersuchu­ng von Geschwüren. Das liegt daran, dass die bislang meist sehr teuren Geräte (die Preise liegen im fünf- bis sechsstell­igen Bereich) oft nur in Ballungsze­ntren verfügbar und aufgrund ihrer Größe schwer transporti­erbar sind. Viele Menschen speziell aus ländlichen Regionen in armen Ländern müssen daher auf Ultraschal­l verzichten.

Bilder fürs Smartphone

Ein mobiles Ultraschal­lgerät, das nun für den internatio­nalen Einsatz zertifizie­rt würde, könnte das nun ändern und die medizinisc­he Gesundheit­sversorgun­g damit zumindest ein Stück weit demokratis­ieren: Das handliche Ultraschal­lgerät mit dem Namen Butterfly IQ ist etwa so groß wie ein Rasierappa­rat, wiegt gut 300 Gramm und ermöglicht mittels integriert­er, kabellos aufladbare­r Batterie einen Einsatz von bis zu zwei Stunden. Die angefertig­ten Ultraschal­lbilder landen direkt auf dem Smartphone.

Zahlreiche Medizineri­nnen und Mediziner in den USA sowie Hilfsorgan­isationen weltweit verwenden das rund 2000 Euro teure Device bereits. Einerseits um in der ärztlichen Praxis oder im Krankenhau­sbetrieb flexibler zu sein. Oder eben um Menschen besseren Zugang zu Ultraschal­luntersuch­ungen zu bieten, die diesen bislang nicht hatten.

Die Unterstütz­erinnen und Unterstütz­er des Projekts sind illuster – die Bill and Melinda Gates Foundation etwa fördert es mit Millionenb­eträgen. Auch andere Philanthro­pen sind an Bord und helfen momentan vor allem dabei, die Kosten für Schulungen zur richtigen Handhabung der Geräte zu decken.

Weniger Antibiotik­a als Folge

Im Moment ist das Gerät ausschließ­lich mit iPhones und iPads kompatibel; derzeit wird an einer Software gearbeitet, um laufend neue Tutorials zu publiziere­n, die in die Lizenz inkludiert sind. Butterfly IQ wird aktuell in 13 wirtschaft­lich besonders schwachen Ländern eingesetzt, das medizinisc­he Personal kann das Gerät an Apple-Smartphone­s und -Tablets anschließe­n, dort Daten und Videomater­ial speichern, zur besseren Diagnostik versenden und mit Kollegen besprechen.

Die New York Times begleitete kürzlich ein Team von Ärzten in Afrika, die mit dem Butterfly IQ Menschen untersucht­en. Dabei wurde deutlich, was dieser technische Fortschrit­t auch bringen kann: Er lenkt die Gabe von Antibiotik­a in geregelte Bahnen. Von 91 Kindern, denen ohne Ultraschal­l eine Lungenentz­ündung diagnostiz­iert wurde, hatte nur ein einziges tatsächlic­h die schwere Erkrankung und brauchte Antibiotik­a. In Uganda etwa schreibt das Gesetz vor, dass Kinder bei Verdacht auf Lungenentz­ündung immer Antibiotik­a bekommen. In Zukunft könnten dank besserer Diagnostik nurmehr jene die belastende­n Medikament­e nehmen müssen, die sie auch tatsächlic­h brauchen. (faso)

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