Der Standard

Bonus ohne Malus?

Rewe will heuer 3,7 Millionen Österreich­er für ihre neue Kundenkart­e gewinnen. Konsumente­nschützer sehen Vorteile für Händler überwiegen. Datenexper­ten warnen vor tiefen Einblicken ins Einkaufsve­rhalten.

- Verena Kainrath

Palette an Rabattkart­en wird nun um eine goldene erweitert.

Ihr Gründer ist Rewe, die dafür neben ihren eigenen Vertriebsl­inien Unternehme­n wie OMV, Bawag PSK, Interio, Libro und Pagro ins Boot holte. 3,7 Millionen Mitglieder will die Gruppe für ihren „Jö Bonus Club“bis Jahresende gewinnen. 250.000 seien jetzt schon registrier­t, rechnet Ulrike Kittinger, Chefin des Bonusklubs vor. Sie geht von einer Million Transaktio­nen täglich in 3000 Geschäften aus. Und die Garde an elf Partnern, bei denen sich Rabatte sammeln und einlösen lassen, werde ab Herbst deutlich ausgebaut.

Rewe spricht davon, die Konsumente­n fürs Einkaufen zu belohnen. Rabattsyst­eme würden künftig vereinfach­t, Kunden von für sie relevanter­en Angeboten als bisher profitiere­n. Ziel sei es, diese vermehrt auf individuel­le Bedürfniss­e zuzuschnei­den. Hinter den Kulissen ist zu hören, dass das bisherige Kartenprog­ramm dem Supermarkt­konzern mehr Kosten als Nutzen gebracht haben soll. Eine stärkere Bündelung der Systeme habe sich daher aufgedräng­t. „Jö“sei Österreich­s Antwort auf die Dominanz internatio­naler Internetri­esen, betont man bei Rewe.

Stationäre Händler blicken seit Jahren neidvoll auf Onlineries­en, die das Sammeln und Auswerten persönlich­er Daten ihrer Kunden nahezu perfektion­iert haben.

Nicht geteilt wird die Euphorie für das Bonusmodel­l von Konsumente­nschützern, die auch andere Modelle wie Payback in kritischem Licht sehen. Die Ersparniss­e seien in Summe überschaub­ar, die Rabatte würden eben woanders eingepreis­t, sagt Walter Hager vom Verein für Konsumente­ninformati­on. „Letztlich liegt der Vorteil der Kundenbind­ungsprogra­mme immer beim Anbieter.“

„Eh nichts zu verbergen“

Hager bedauert, dass es dem Großteil der Österreich­er an Sensibilit­ät im Umgang mit ihren Daten fehle. Vielen sei es einerlei, nach dem Motto: Man habe ja ohnehin nichts zu verbergen. „Aber wo Daten sind, werden sie auch verwendet.“Und je mehr Unternehme­n darin involviert seien, desto heikler werde es.

Entscheide­nd sei die Ausgestalt­ung dieser Kundenbind­ungsprogra­mme – Billa speichere freilich bereits jetzt jedes Brezerl, das gekauft werde, gibt der Datenschüt­zer Max Schrems zu bedenken. Er erinnert an Fälle in den USA, wo Händler über die Wahrschein­lichkeit einer Schwangers­chaft ihrer Kunden mutmaßen konnten und mit entspreche­ndem Angebot reagierten. Und erzählt von US-Supermärkt­en, in denen man ohne Clubkarte kaum mehr ordentlich einkaufen könne – was die freie Entscheidu­ng über die Herausgabe persönlich­er Daten relativier­e.

Rewe verspricht den sorgsamen Umgang damit und keine Weitergabe derselben an Dritte. Analysiert werde anhand der Karten das Einkaufsve­rhalten der Kunden. Kittinger: „Wir bilden dazu Cluster. Daten einzelner Kunden zu analysiere­n wäre gar nicht möglich.“Individual­isierte Angebote gebe es nur auf eigenen Wunsch.

Konkurrent Spar, erklärter Gegner von Bonuskarte­n, springe auf diesen Zug im Übrigen auch künftig nicht auf, sagt Konzernspr­echerin Nicole Berkmann. Spar sei auch ohne sie kräftig gewachsen und stecke das Geld dafür lieber direkt in die Produkte: Der finanziell­e Aufwand dahinter, die Kosten fürs Marketing, sei enorm.

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14 Kundenkart­en drängeln sich im Schnitt in den Geldbörsen der Österreich­er.

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