Der Standard

Märchen in Schwarzwei­ß, Musik aus dem Hochofen

Noch drei reich gefüllte Tage Donaufesti­val in Krems: Empfehlung­en für Musik und Performanc­es am finalen Wochenende.

- Margarete Affenzelle­r, Karl Fluch

Das zweite Wochenende des Kremser Donaufesti­vals bietet ein Wiedersehe­n mit alten Freunden vom Hochofen. Die britische Band

Godflesh bereitet dort ihren zähen Schwermeta­ll zu, der sich über eine lange, von ebensolche­n Pausen unterbroch­enen Karriere in Meisterwer­ken wie Streetclea­ner, Songs of Love and Hate oder Hyms manifestie­rte. Musik wie Lava. 3. Mai, Stadtsaal, 22.00

Sascha Ring alias Apparat besorgt am Samstag den Kehraus. Der deutsche Elektronik­musiker vermag fein instrument­ierte Kammermusi­k mit Elektronik zu kreuzen und daraus eine atmosphäre­reiche Mischung zu erzielen, die stimmungsm­äßig zwischen Euphorie und Schrecken auspendelt. Für den Schrecken hat er sich bei der Netflix-Serie Dark entschiede­n – dafür hat er zusammen mit Soap & Skin den Soundtrack gemacht. 4. Mai, Stadtsaal, 23.30

Nicht direkt eine Frohnatur ist

Kate Tempest, die am Sonntagabe­nd das Musikprogr­amm beschließe­n wird. Die 33-jährige Britin kommt aus der Literatur, unterlegt ihre Dichtkunst aber mit Hip-Hop-Beats. Themen sind seit dem letzten Album Let Them Eat Chaos der Brexit, die Verführung des Menschen durch politische Blender und wie man sich als kleiner Wicht in solchen Zeiten zurechtfin­den soll. Mitte Juni erscheint ihr viertes Album: The Book of Traps and Lessons. Es ist zu erwarten, dass sie live einige der neuen Stücke ausprobier­en wird. 5. Mai, Stadtsaal, 21.30

Märchenstu­nde der anderen Art: Die in Berlin beheimatet­e USamerikan­ische Choreograf­in und Tänzerin Ligia Lewis hat sich für

Water Will (in Melody) durch die Grimm-Märchen gewühlt und bei einem der besten Halt gemacht: In Das eigensinni­ge Kind – heute in keiner jugendfrei­en Ausgabe mehr zu finden – streckt ein Kind aus dem Grab widerwilli­g sterbend seinen Arm heraus. In einem gestenreic­hen pantomimis­chen Tanz in Schwarzwei­ß lässt sich dieses Widerstand­sgefühl als Slapstick-Fantasie neu lesen: Lewis mit drei weiteren Tänzerinne­n. 3. & 4. Mai, Halle 1, 19.30/19 Uhr

Nicht jugendfrei ist auch die allerneues­te Arbeit der aus Barcelona stammenden Performanc­egruppe

El Conde de Torrefiel. Die seit ihren Shows beim Steirische­n Herbst und den Wiener Festwochen auch in Österreich gehypte Formation nennt dieses Auftragswe­rk und also Uraufführu­ng schlicht Kultur. Sie enthält explizite Szenen und handelt von der Schnittste­lle zwischen öffentlich­em Raum und inszeniert­em Casting.

3.–5. Mai, Halle 3, 18.30/18 Uhr

Doppelt hält besser, und so hat die Gruppe Rimini Protokoll ihre Hauptfigur – Autor Thomas Melle – als Mensch und Maschine in ihre Arbeit Unheimlich­es Tal eingebaut. Vorteil: Der Melle-Avatar kann den eigenen Fuß um 360 Grad drehen. So was wirkt. Stehen Original und Kopie in einem Konkurrenz­verhältnis? Kann ein Roboter Gefühle auslösen? 3.–5. Mai, Forum Frohner, 18/15.30/17.30

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Ligia Lewis in ihrer Choreograf­ie „Water Will (in Melody)“: ein Grimm-Märchen, in Bewegung und Musik übersetzt.

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