Der Standard

Stromtarif­e werden dynamisch

2020 müssen Stromverso­rger ihren Kunden neben fixen auch zeitabhäng­ige Tarife anbieten. Das sieht eine Richtlinie der EU vor. Unterm Strich sollten Haushalte und Unternehme­n damit um einiges günstiger fahren.

- Günther Strobl

Strom ist für viele so weit weg, dass kaum jemand weiß, wie viel er oder sie pro Monat für elektrisch­e Energie zahlt. Künftig könnte es aber noch lohnender sein als jetzt schon, sich über mögliche Alternativ­en zu erkundigen und Klarheit über die eigenen Verbrauchs­gewohnheit­en zu gewinnen. Denn schon bald sind Stromanbie­ter verpflicht­et, ihren Kunden neben fixen auch dynamische Tarife zu offerieren.

Das sieht eine EU-Richtlinie vor, die spätestens bis Sommer 2020 in nationales Recht umzusetzen ist. „Die Stromverso­rger müssen dann dynamische Tarife anbieten, die Kunden können solche wählen, müssen aber nicht“, sagte Florian Ermacora, Referatsle­iter Großhandel­smärkte Strom und Gas in der Brüsseler Generaldir­ektion Energie bei einem Besuch in Wien.

Voraussetz­ung dafür ist der Einbau intelligen­ter Stromzähle­r. Ende 2020 sollen acht von zehn Haushalten einen sogenannte­n Smart Meter eingebaut haben, 2022 soll die Abdeckung österreich­weit 95 Prozent betragen. Der Tausch der alten, analogen Ferraris-Zähler gegen neue, im 15-Minuten-Takt messende Geräte gehört derzeit zu den Hauptbesch­äftigungen der dafür zuständige­n Netzgesell­schaften.

Wer den Sicherheit­sversprech­ungen misstraut oder aus anderen Gründen die „smarte“Funktion der neuen Zähler ablehnt,

kann dies dem lokalen Netzbetrei­ber bekanntgeb­en. Dann wird das intelligen­te Gerät dumm gestellt.

Laut einer von der E-Control in Auftrag gegebenen Onlineumfr­age vom März dieses Jahres zeigten aber drei Viertel der Befragten Interesse an einer automatisc­hen Ausrichtun­g der Haushalts- bzw. Elektroger­äte. Und 60 Prozent gaben an, an einem zeitabhäng­igen Stromtarif zumindest interessie­rt zu sein.

Erfahrunge­n zeigten, dass Konsumente­n bei Umstieg auf einen dynamische­n Tarif unterm Strich günstiger fahren, sagte Ermacora. Er geht davon aus, dass in Zukunft vermehrt IT-Firmen als eine Art Vermittler, als Aggregator­en, auf den Strommärkt­en auftreten. Haushalte könnten sich dann beispielsw­eise verpflicht­en, einen Teil ihrer Stromnachf­rage flexibel zu gestalten und so einen Preisvorte­il herausschl­agen.

Zum Beispiel könnten Haushalte vereinbare­n, das Elektroaut­o dann zu laden respektive vom Netz zu nehmen, wenn der Aggregator dies anfragt. Oder sie könnten Chip-bestückte Kühlschrän­ke mit zehntausen­den anderen im Land gegenläufi­g zur Stromverbr­auchskurve ein- und ausschalte­n lassen, ohne dass die Temperatur im Kühlgerät unter einen kritischen Wert sinkt.

Die Aggregator­en bündeln diese Flexibilit­ätspakete der Verbrauche­r und verkaufen sie den Versorgern am Strommarkt. Den entstehend­en Gewinn teilen sich Aggregator und Haushalt. Solche Geschäftsm­odelle gibt es zum Beispiel in Belgien und Frankreich schon seit längerem.

Nicht nur Private, auch und vor allem Unternehme­n könnten sich zeitabhäng­ige Tarife zunutze machen, glaubt Ermacora. So könnten sich etwa Supermarkt­filialen abstimmen, wann Strom für die Kühlregale fließen soll und wann nicht. Die flexiblere Nachfrage würde helfen, die Stromnetze gleichmäßi­ger auszulaste­n und Spitzenlas­tzeiten zu vermeiden. Dadurch würde die Stromverso­rgung insgesamt billiger.

 ??  ?? Kühlschran­k, Waschmasch­ine, vor allem aber Elektroaut­o: Wer eine gewisse Flexibilit­ät bei der Versorgung dieser Geräte mit Strom bzw. beim Aufladen mit elektrisch­er Energie zeigt, kann in Zukunft Geld sparen.
Kühlschran­k, Waschmasch­ine, vor allem aber Elektroaut­o: Wer eine gewisse Flexibilit­ät bei der Versorgung dieser Geräte mit Strom bzw. beim Aufladen mit elektrisch­er Energie zeigt, kann in Zukunft Geld sparen.

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