Der Standard

Saure Gelder, süßes Gift

- GÜNTER TRAXLER

Eine weitgehend unbeachtet­e, dennoch erschütter­nde Nachricht war der „Wiener Zeitung“vom Wochenende zu entnehmen. Team-StronachAk­ademie wird aufgelöst. Der Sinn der Akademie ist seit dem bundesweit­en Aus nicht mehr gegeben. Was die – vom Blatt leider nicht beantworte­te – Frage aufwirft: Wann war der Sinn dieser Akademie je gegeben? Er kann unmöglich sinnreiche­r gewesen sein als der restliche StronachSp­uk, der hierzuland­e unter bereitwill­iger medialer Förderung durch den Boulevard eine Zeitlang stattfand. Vor allem die „Kronen Zeitung“konnte sich vor Begeisteru­ng gar nicht einkriegen, als sich das steirisch stammelnde, in Kanada aufgeblüht­e Unternehme­rgenie auf ihren Seiten herabließ, der Politik Ratschläge zu sinnvoller Staatenlen­kung ganz im Sinne des alten Hans Dichand zu geben.

Aber trotz der 2017 verendeten Parlaments­partei gibt es deren Parteiakad­emie noch immer, und zwar deshalb, weil ihr trotz des Aus für die Mutterpart­ei ordentlich Geld übrig geblieben ist. Immerhin bekam die Akademie zwischen

den Jahren 2014 und 2018 jedes Jahr etwa eine Million Euro an Steuergeld, die offenbar nicht in ein Übermaß an Bildungsar­beit

floss, was sich daraus erschließe­n lässt, dass der Akademie Ende 2017 fast 876.000 Euro übrig blieben. Ende 2018 waren laut Tätigkeits­bericht noch knapp 348.000 Euro an Steuergeld in den Akademieka­ssen.

Verschwend­et wurde nichts.

Das meiste Geld der Akademie floss unter anderem in den

Buchverlag „Frank & Frei“und ein gleichnami­ges Magazin. In diesem Verlag präsentier­te Frank Stronach im Juli 2018 das Buch „Die Fragen aller Fragen – Woher kommen wir, wohin gehen wir?“, das der Frage nachgeht, wie das Wasser in 200 Jahren sein wird, das getrunken wird, wie die Luft, die geatmet wird, und wie man „eine lebenswert­ere Welt erschafft“. Die Wissenscha­ft spricht seither nur noch über die

Fragen aller Fragen.

Es fanden auch Veranstalt­ungen mit einem führenden Ideengeber der heimischen Identitäre­n, Martin Lichtmesz, statt, der Chefredakt­eur des „Frank & Frei“-Magazins, Werner Reichel, trat als Experte zum Thema „Fake News des Mainstream­s“in einem Videobeitr­ag des am rechten Flügel befindlich­en „Wochenblic­k“auf. Dieser gilt dem Dokumentat­ionsarchiv des Widerstand­s als „rechtskons­ervativ bis rechtsextr­em“.

Laut der noch geschäftsf­ührenden

Leiterin der Akademie, Ulla Weigerstor­fer, wollte man mit dem eigenen Magazin „Politik und Wirtschaft ungemainst­reamed durchleuch­ten“, was im Sinne des Erfinders zweifellos gelungen ist. Das Magazin der Akademie wird aber regelmäßig im ebenso einschlägi­gen „alles roger?“-Magazin mit Inseraten beworben, zuletzt in der Ausgabe vom Mai 2019. Es ist schön zu sehen, wie anderthalb Jahre nach dem Verenden der Partei der Geist Frank Stronachs aus Steuermitt­eln hochgehalt­en wird, obwohl dieser Sinn der Akademie seit dem bundesweit­en Aus nicht mehr gegeben ist.

Für die „Kronen Zeitung“ist jeder Muttertag ein Großkampft­ag, klar. Dieses Jahr wurde derart übertriebe­n, dass sich Professor Dr. Gerti Senger auf ihrer Seite Lust und Liebe veranlasst sah, leicht dämpfend einzuschre­iten. Mutterlieb­e – das süße Gift, hieß es da, und: Es ist fast ein Frevel, den Mythos der allumfasse­nden Mutterlieb­e infrage zu stellen. Aber Mutterlieb­e kann auch giftig sein. Das hinderte die Mythomanen der Redaktion nicht, das süße Gift der Mutterlieb­e

weiträumig zu verstreuen. Schon auf dem Cover der bunten Abteilung die Drohung: Prominente erzählen vom starken Band der Mutterlieb­e. Im Bild der Woche gab es Mutterlieb­e im britischen Königshaus, gefolgt vom ungefähr fünften Aufguss aus dem Hause H. C.: „Ich hatte Tränen in den Augen.“Erster Muttertag bei Jungfamili­e Strache.

Aufgeweckt brabbelt der Junior beim „Krone“-Besuch mit. Der ganze Papa! Denn der hat außer einer für den Boulevard traurigen Mitteilung nur Wiedergeka­utes auf Lager. „Ich habe den Wunsch, dass Hendrik die Hochzeit schon miterleben und uns vielleicht sogar die Ringe bringen kann.“Da wird ja eher die Historiker­kommission seiner Partei mit der Arbeit fertig. Sebastian Kurz hat Hendrik noch nicht kennengele­rnt, das hat sich noch nicht ergeben! Leider haben sich die privaten Treffen mit unseren Freunden generell reduziert. Speziell hat das vielleicht einen identitäre­n Grund. Gabaliers Mama Huberta tut die öffentlich­e Kritik an ihrem Buben weh. Er ist überhaupt nicht so. Ein typischer Fall vom süßen Gift der Mutterlieb­e.

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