Der Standard

Angst um den Rechtsstaa­t

- HANS RAUSCHER hans.rauscher@derStandar­d.at

Das ist eine komplizier­te Geschichte, aber sie hat einen gemeinsame­n Nenner: Man muss Angst um den Rechtsstaa­t Österreich haben.

Es geht um alte Skandale wie den Kauf der Eurofighte­r und um die Tatsache, dass die Justiz bei der Aufklärung höchst dubioser Vorgänge bisher versagt hat. Es geht um jüngere Skandale wie die Razzia im Bundesverf­assungssch­utz, die auf Drängen des Innenminis­teriums von einer willfährig­en Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) betrieben wurde; und es geht um den jüngsten Skandal, wonach die Leiterin ebendieser Korruption­sstaatsanw­altschaft eine Sachverhal­tsdarstell­ung wegen Amtsmissbr­auch gegen ihren Vorgesetzt­en, den Generalsek­retär des Justizmini­steriums, Christian Pilnacek, einbrachte.

Unter der schwarz-blauen Koalition Schüssel/Haider entschied sich die Regierung von einem Tag auf den anderen, statt schwedisch­er Kampfjets die Eurofighte­r zu kaufen. Obwohl es in den Folgejahre­n zahlreiche Hinweise auf dubiose Zahlungen des Eurofighte­r-Produzente­n gab (u. a. an die Firma des damaligen FPÖGeschäf­tsführers Gernot Rumpold), legte die Justiz eine unerträgli­che Initiativl­osigkeit an den Tag. Ein neuer damit beauftragt­er Staatsanwa­lt wird derzeit ebenfalls wegen Untätigkei­t (!) von der Staatsanwa­ltschaft Eisenstadt verfolgt.

Inzwischen haben wir die zweite schwarz-blaue oder eher türkis-blaue Koalition. Eine der ersten Amtshandlu­ngen von FPÖ-Innenminis­ter Herbert Kickl war eine Razzia beim eigenen Verfassung­sschutz (BVT), aufgrund eines lächerlich­en anonymen Pamphlets. Da bei dieser Hausdurchs­uchung massiv Material

über Rechtsextr­emisten beschlagna­hmt wurde, besteht der Verdacht, dass hier die Arbeit des BVT gegen die Rechtsextr­emisten sabotiert werden sollte. Zumal der Generalsek­retär des Innenminis­teriums, Peter Goldgruber, vorher vom BVT vergeblich die Namen der bei Neonazis eingeschle­usten V-Männer wissen wollte. Sehr hilfreich bei der Aktion war eine Staatsanwä­ltin der WKStA, die aber vor dem U-Ausschuss ein Bild der Überforder­ung abgab. Generalsek­retär Pilnacek kritisiert­e diesen Überfall auf das BVT und nahm die WKStA stärker an die Kandare.

Letzte Entwicklun­g: In einer großen Dienstbesp­rechung Anfang April wurde unter dem Vorsitz von Pilnacek das weitere staatsanwa­ltschaftli­che Vorgehen in der elenden Eurofighte­r-Sache besprochen. Pilnacek zeigte sich erstaunt, dass die nunmehr zuständige Korruption­sstaatsanw­altschaft den Fall völlig neu aufrollen wollte. Er machte in seiner bekannt saloppen Art Äußerungen, die von der Leiterin der WKStA als amtsmissbr­äuchliche Weisung zur Einstellun­g des Verfahrens interpreti­ert wurden. Pilnacek sagt, er habe nur vorgeschla­gen, aus Prozessöko­nomie bestimmte Teile einzustell­en.

Bemerkensw­ert ist, dass die Sitzung offenbar heimlich von einem Teilnehmer aufgenomme­n und das Protokoll an die Medien gespielt wurde. Das und die Anzeige gegen Pilnacek wird als Retourkuts­che für seine Kritik im Fall BVT interpreti­ert. Fazit: Verdacht, dass die Justiz sich a) für eine Vertuschun­g des Eurofighte­r-Skandals einspannen ließ; b) sich ebenfalls benutzen ließ für eine politische Aktion gegen den Verfassung­sschutz; und dass c) zwischen Korruption­sstaatsanw­altschaft und dem starken Mann des Justizmini­steriums ein politische­r Racheund Machtkampf tobt.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria