Überzeugungskünstler
Inszenierung lautet das hell leuchtende Zauberwort in unserer von Schnelllebigkeit und Oberflächlichkeit geprägten Konsumwelt. Die Inszenierung des schönen Scheins sticht jeglichen Inhalt. Im Stil der antiken Maxime suggeriert man uns Brot und Spiele, sei es auf Messen, Kongressen, Events, auf Bällen, im TV, bei konspirativen Treffen oder öffentlichen Wahlveranstaltungen. Der Fotograf Jakob Schnetz zeigt in seinen Fotos die Schamlosigkeit am Ort der Verheißung. Der Absolvent der Hochschule Hannover perlustriert in der Beiläufigkeit des Dokumentierten die Uniformität des globalen Marktplatzes. Kader für Kader, Bild für Bild, Seite für Seite entlarvt Schnetz den verzweifelten Versuch, uns etwas zu verkaufen. Im Abziehbild der Präsentationen zeigt sich exakt deren Schwäche. Selten ist man derart überrascht, um nicht zu sagen geflasht, wie bei diesem Buch; auch von der Komposition. Unaufgeregt, konzentriert, genial. Schnetz zeigt Absperrungen, Lichterketten, rote Teppiche, uniforme Nonkonformisten, oft schlecht gebundene Krawatten und bewusst zu enge Blusen. Und obwohl auf den Fotos kaum Gesichter zu sehen sind, kann man dennoch die gesichtslosen, NLP-Sprech-geschulten Larven sehen und vermeint fast die inhaltlosen Worthülsen und heiße Luft produzierenden Sprechblasen zu vernehmen. Alle wollen uns von der unabdingbaren, unausweichlichen Notwendigkeit ihrer Produkte und Anliegen, die nichts anderes sind als an den Mann (selbstverständlich auch an die Frau) zu bringende Produkte sind, überzeugen! Gleichgültig ob das Gartengeräte, Autos, Computeraccessoires, Gadgets, Sexpuppen oder Wahlzuckerln sind. Cave panem! Seien Sie wachsam! Gregor Auenhammer
Agenda Lesen ab 14