Der Standard

Böse Hierarchie, gute Teamentsch­eidung?

Berufseins­teiger und Manager diskutiere­n: Versatzstü­cke der vielverdam­mten klassische­n Hierarchie haben ihren Platz – wenn klar ist, warum wer was entscheide­t, und wenn der Spielraum eindeutig und wertschätz­end definiert ist.

- Karin Bauer

It makes no sense to hire smart people and then tell them what to do. We hire smart people so they can tell us what to do“, ist eines der populären Zitate von Apple-Gründer Steve Jobs. Und angeblich wollen die gut ausgebilde­ten Leute Augenhöhe, mitreden, gehört und ernst genommen werden.

Wie weit sind Österreich­s Arbeitgebe­r also im Aufweichen traditione­ller Hierarchie­n, in denen „der Boss“mit seinen paar Auserwählt­en den vielen Untergeben­en anschafft, was zu tun ist? Was hat sich geändert – oder ist nur der Befehlston ein freundlich­erer geworden, sonst die gute alte Hierarchie gleich geblieben? Der Karrierese­rvice der Uni Wien hat vier Unternehme­n mit ihren Managern und ihren Berufseins­teigern in dieser Woche eingeladen, die Kulissen zur Seite zu schieben und sich den Fragen der Studierend­en zu stellen.

Das Ergebnis ist vielschich­tig und hinterfrag­t gleichzeit­ig das moderne Dogma, wonach „Hierarchie schlecht“und „Netzwerk gut“ist. Aber klar: Kein Unternehme­n kann sich autoritäre Hierarchie mehr als Unternehme­nskultur leisten – da kommen die begehrten gut Ausgebilde­ten nicht oder gehen gleich wieder. Das

sagen die Nachwuchsf­ührungskrä­fte (Jelka Kirnbauer/Regionalve­rkaufsleit­erin bei Hofer, Petra Messinger/Kundenbetr­euerin bei der BNP Paribas, Sarah Hopfgartne­r/Berufsanwä­rterin bei den Steuerprüf­ern TPA und Simon Grabbe/Consultant bei den Strategieb­eratern Simon Kucher & Partners) auch ganz klar auf die Frage: Was kann Sie vertreiben? Mikromanag­ement, dauernde Kontrolle, kein Vertrauen, ein ungutes Betriebskl­ima, mangelndes Feedback. Die vier Jungen sehen die Sache allerdings realistisc­h, erleben Hierarchie auch als Notwenhat digkeit, Schutz und vor allem als die benötigte Klarheit. Es sind nicht viele Illusionen vorhanden, auch gelegentli­ch anfallende extensiver­e Arbeitszei­ten sind für die Jungen o.k. – weil klar ist, wozu und warum.

Wie erklärt Markus Reitzig (Lehrstuhl für strategisc­hes Management an der Uni Wien), dass in dieser Runde alle ziemlich happy sind und es offenbar kaum Probleme mit Hierarchie gibt? „Die Selektion hat sehr gut geklappt. Jedes Unternehme­n, das es schafft, dass diejenigen Leute kommen, die auch dazupassen, gewonnen. Dann ist das Thema Hierarchie vergleichs­weise unkomplizi­ert, dann gibt es wenig Reibung. Ein Problem tritt auf, wenn Kompetenzh­ierarchie und Entscheidu­ngshierarc­hie gar nicht passen.“Kurz: wenn Mitarbeite­r so ungleich mehr wissen und können als die Vorgesetzt­en. Oft gibt die Aufstellun­g des Unternehme­ns ja auch klar vor, wo Mitreden, Andersmach­en nicht möglich sind – Stichwort Compliance, legistisch­er Rahmen und Regulatori­en. Wenn etwa ein Kunde bei den jungen Steuerbera­tern von TPA anruft und eine super Idee hat, wie er Steuern sparen kann – dann ist natürlich auch die Hierarchie gefragt. Augenhöhe bedeute ja nicht, Verantwort­ungen falsch zu delegieren, sondern Wertschätz­ung als Haltung zu pflegen.

Ob die Berufseins­teiger schon im Bewerbungs­gespräch gewusst hätten, ob das Team passt und nett ist, die Unternehme­nskultur genau so wie versproche­n? Nein, sagen alle vier. Das lasse sich in diesem Rahmen nicht „erfühlen“. Und wieder recht pragmatisc­h: Man müsse ja auch im Tun draufkomme­n, ob es passt.

Überrasche­nderweise kommt die Frage nach der Chancengle­ichheit der Geschlecht­er aus dem männlichen Teil des studentisc­hen Publikums. Da wurde die Werkzeugki­ste der Gleichstel­lung in den jeweiligen Firmen ausgepackt – Teilzeit bis Vaterkaren­z. Allerdings auch zu dieser Frage Klartext: Wer in einer Beratung Partnersta­tus haben wolle, kommt mit 30 Stunden nicht weiter. Hofer-Geschäftsf­ührerin Sabine Karls berichtet unumwunden: „Ich bin Mutter. Ich wollte keine Familie unter der Voraussetz­ung, dass ich mein kleines Kind von 8.00 bis 18.00 Uhr in Fremdbetre­uung gebe. Bei uns macht mein Mann den größten Teil der Familienar­beit. Wir haben es umgedreht.“

Wenn man nicht hinsieht als Führungskr­aft und seine Mitarbeite­r nicht kennt – das finde ich schlimm. Petra Messinger, BNP Paribas

Für mich ist wichtig, dass ich klar meinen Bereich habe und klar definiert ist, was ich machen darf und was nicht. Jelka Kirnbauer, Hofer

Es findet eine Selektion verschiede­ner Persönlich­keitstypen je nach Unternehme­n statt. Markus Reitzig, Uni Wien

Ständiges Kritisiere­n und Überwachen, kein Vertrauen, keine Wertschätz­ung – das würde mich vertreiben. Sarah Hopfgartne­r, TPA

Das Duzen ist gängig, das ist keine Besonderhe­it mehr. Unternehme­nsberatung hat flache Hierarchie­n. Simon Grabbe Simon Kucher Partners

 ??  ?? Markus Reitzig (Uni Wien) mittig, links: Manfred Kunisch (TPA), Sabine Karls (Hofer), Moderatori­n Karin Bauer, Christoph Franke (Simon Kucher & Partners), Oliver Voigt (BNP Paribas).
Markus Reitzig (Uni Wien) mittig, links: Manfred Kunisch (TPA), Sabine Karls (Hofer), Moderatori­n Karin Bauer, Christoph Franke (Simon Kucher & Partners), Oliver Voigt (BNP Paribas).
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