Der Standard

„996“und das freie Leben

- KARIN BAUER

Work-Life-Balance ist das wichtigste Ziel der (zentral-)europäisch­en Nachwuchsg­eneration. Die digital mit Hochschula­bschluss ausgebilde­ten Jungen formuliere­n diesen Anspruch an Platz für freies Leben auch in weniger prosperier­enden Ökonomien. Reinschuft­en bis zum Umfallen wollen sie, die Gesuchten, also sicher nicht. Karoshi (Tod durch Überarbeit­en) steht nicht als unvermeidb­ares Ende auf ihrem Lebensplan. Eine grundsätzl­ich gesunde Einstellun­g. Die allerdings

gerne verunglimp­ft wird als mangelnder Leistungsw­ille. Angeblich hört sich die sklavenart­ige Arbeit mit zunehmende­r Digitalisi­erung eh auf.

So, wie es aussieht, wird Arbeitsmor­al aber gerade in den Zentren der digitalen Revolution neu definiert – von den vielbewund­erten Taktgebern und Machern.

Alibaba-Gründer Jack Ma – einer der

Reichsten in China – lobt etwa die „Segnungen von 996“. Heißt: von neun Uhr bis neun Uhr an sechs Tagen in der Woche arbeiten. In der Tech-Community hat er damit Schrecken ausgelöst. „Smarter, harder, longer“hat sich die kürzlich beim Börsengang gefloppte Plattform Uber als Motto für die Arbeitsmor­al genommen. Amazon agiert geschäftli­ch sowieso nach dieser Devise.

Und der bewunderte Space-X-Held Elon Musk merkte in US-Medien lapidar an, dass die Welt ja schließlic­h auch nicht in der 40-Stunden-Woche verändert wurde.

Da bahnt sich ein neues Paradigma an: Willst du dabei sein, dann widme dein Leben meiner Firma. Bei Steve Jobs hieß das noch das Passion-Principle, also der Imperativ, immer mit größter Leidenscha­ft zu arbeiten.

Die freie, neue Arbeitswel­t, in der die Nerds den Chefs sagen: „Dreht ihr das Licht dann ab, wir gehen früher“, hat jedenfalls mit der Wirklichke­it nur geringe Schnittmen­gen. Es geht eher um „härter und länger“.

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