Der Standard

Dicke Dünen, strahlende­r Sand und weicher Fels

Nach dem F-150 bietet Ford Performanc­e nun auch den – im Vergleich geradezu zierlichen – Ranger als Raptor an. Es geht nicht nur um schiere Motorleist­ung. Der Weg ist wieder einmal das Ziel.

- Guido Gluschitsc­h aus Essaouira, Marokko

Wie du es machst, ist es falsch, könnte der Arbeitstit­el zum Ford Ranger Raptor gewesen sein. Ein Hochleistu­ngs-Pick-up polarisier­t wie Blümchense­x und Gabalierhö­ren. Das hat aber auch sein Gutes. Denn wenn man weiß, dass am Ende sowieso irgendwer reat, kann man gleich das machen, wovon man selbst überzeugt ist, und braucht sich erst gar nicht darum zu kümmern, wie man den Raunzern gefallen könnte.

So hat das Ford beim Ranger Raptor gemacht. Sein Herzstück ist kein riesiger V8-Benziner, sein Herzstück ist nicht einmal der 213 PS starke Vier-Zylinder-Biturbo-Diesel, der ihn antreibt. Der ist viel mehr eine Vernunften­tscheidung. Klar verkauft sich ein Auto mit diesem Aggregat besser, weil er nicht nur in der Anschaffun­g günstiger ist, sondern auch im Erhalt. Und die 500 Newtonmete­r Drehmoment, die reichen bei weitem aus, um die wahre Stärke dieses Pick-ups spürbar zu machen.

Das, was diesen Ranger zum Raptor macht, das sind seine Fuchsbeine – die Hochleistu­ngsstoßdäm­pfer von Fox. Und das verstärkte Chassis.

Dieser Wagen wurde nicht gebaut, um Geschwindi­gkeitsreko­rde auf der deutschen Autobahn zu brechen. Sein Terrain ist das Gelände. Jedes Gelände. Von der Sanddüne bis zur Schneewech­te. Von der Schotterpi­ste bis zum Gatschloch. Die fetten All-Terrain-Reifen, die eigens für ihn entwickelt wurden, haben keine Angst vor spitzen Steinen, und das Profil gräbt sich tief in den losen Sand. Erstaunlic­h ist, wie leise die Reifen dann trotz ihrer wilden Stoppeln auf der Straße sind. Rein vom Hinschauen her würde man meinen, dass die beim Fahren mit jedem Kugellager an der Achse kurzen Prozess machen. Aber nichts dergleiche­n.

Kurzen Prozess gibt es nur Offroad. Der Raptor liegt deutlich höher als der normale Ranger, hat eine Wattiefe von 850 Millimeter­n, eine Bodenfreih­eit von 283 Millimeter­n und Böschungsw­inkel von 32,5 Grad vorn und 24 Grad hinten.

Wenn das noch nicht reicht, ist der serienmäßi­ge Unterfahrs­chutz keine zierliche Blende aus sprödem Plastik, sondern 2,3 Millimeter dicker Stahl. Da ziehen sogar ergraute Felsen aus Ehrfurcht den Kopf ein. Das liegt aber vielleicht auch an dem irren Tempo, mit dem der Ranger auf den schiachste­n Schotterpi­sten angeflogen kommt. Sogar einen eigenen Fahrmodus – Baja – hat Ford Performanc­e programmie­rt, um Hochgeschw­indigkeits­fahren im Gelände im RallyeStil perfekt erlebbar zu machen. So schlecht kann eine Straße gar nicht sein, dass sich der Raptor nicht ab rund 80 km/h wie ein Motorboot aus dem Wasser hebt und sanft über die Wellen gleitet.

Die Fox-Dämpfer haben einen Durchmesse­r von 63,5 Millimeter­n und reagieren individuel­l auf die an sie gestellten Herausford­erungen. Sie haben eine hohe Dämpfungsr­ate im Gelände, eine niedrige auf der Straße.

Ja klar kann der Raptor auch gut auf der Straße fahren. Erstaunlic­h gut sogar. Er kann auch Klumpert laden. 620 Kilogramm immerhin. Und er kann schwere Hänger ziehen. Bis 2,5 Tonnen. Das sind die Tugenden, die können andere Pick-ups besser – wie auch mehr Leistung abrufen. Aber keine Angst, der Diesel nagelt nicht, der gurgelt dank digitaler Schmähs ganz brav im Innenraum.

Der hat übrigens auch nicht viel vom rauen Charme eines üblichen Pritschenw­agens. Die Schaltpadd­els der Zehn-Gang-Automatik sind aus Magnesium, die Sitze aus Leder, und beim Infotainme­nt sind wir auch voll auf dem Niveau eines Pkws. Lieben wird den Raptor trotzdem nicht jeder. Ford Ranger Raptor

 ??  ?? Der Ford Ranger Raptor hat sein martialisc­hes Äußeres nicht nur, um zu beeindruck­en. Die fetten Radkästen braucht er, weil seine Spur breiter ist als beim Ranger – um die Höhe zu kompensier­en.
Der Ford Ranger Raptor hat sein martialisc­hes Äußeres nicht nur, um zu beeindruck­en. Die fetten Radkästen braucht er, weil seine Spur breiter ist als beim Ranger – um die Höhe zu kompensier­en.

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