Der Standard

Prestige und Pflege

- Sebastian Fellner derStandar­d.at/TV-Tagebuch

„TATORT“AUS STUTTGART: „ANNE UND DER TOD“

Alte Menschen sterben früher oder später. Das ist meistens traurig – nur die Kinder von Paul Fuchs feiern eine Hochzeit im familienei­genen Hotel, während die Leiche des ungeliebte­n Patriarche­n noch in dem Zimmer liegt, wo der bettlägeri­ge Mann gepflegt wurde. Und auch die Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) sehen im Stuttgarte­r Tatort: Anne und der Tod keinen Grund weiterzuer­mitteln. Bis dann ein noch ein alter Mann stirbt – der von

derselben Frau gepflegt wurde: Anne Werner.

Anne Werner gehört zu jenen Menschen, die mit dem Auto von Wohnung zu Wohnung fahren, um unterbezah­lt und unter Zeitdruck alte Menschen zu pflegen. Sie gehört auch zu jenen Menschen, die Wert darauf legen, bei der Rotkreuzsa­mmlung mehr als die Nachbarin zu spenden und ein ansehnlich­es Auto zu fahren. Auch wenn das Geld dafür streng genommen nicht reicht.

Werners Einvernahm­e am Revier, um die herum der gesamte Tatort herumgespo­nnen ist, gestaltet sich zäh fürs Ermittlerd­uo – für die Zuschauer weniger, dafür sorgen sorgsam eingewoben­e Rückblende­n zu den Einsätzen der Pflegerin, die deren dunkle Seiten mehr und mehr zeigen.

Sanft innovativ erzählen die Stuttgarte­r so einen klassische­n Tatort: ein schwierige­s, politisch aufgeladen­es Thema, eine verschwimm­ende Grenze zwischen Gut und Böse, Konflikte unter den Ermittlern – und Dialoge, in die sich die eine oder andere Plattitüde verirrt. Aber auch die wollen eben gepflegt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria