Der Standard

Lieferdroh­nen werden autonom

Start-ups wollen mit Fluggeräte­n Logistik optimieren

- Markus Trostmann

Wenn man Wolf-Henning Ohly zuhört, entschwebt man unwillkürl­ich in luftige Höhen: Er prophezeit Drohnen für die Anwendung in Industrie und Logistik nicht nur enorme Zukunftsch­ancen, er will mit seinem Start-up Viafly mit Sitz in Paderborn auch gleich die zuverlässi­gsten und intelligen­testen Drohnensys­teme der Welt bauen.

KI mit an Bord

Ohly ist Geschäftsf­ührer des Start-ups Viafly, das 2016 an den Start gegangen ist und frei navigieren­de autonome Drohnen für den Transport von 15 Kilogramm schweren Lasten auf Distanzen bis zu 25 Kilometer entwickelt. Eingesetzt werden sie nicht nur in der Logistik, sondern etwa auch zur Überwachun­g weitläufig­er Industriea­nlagen. „Unsere Drohnen verfügen über leistungss­tarke Recheneinh­eiten und zahlreiche Sensoren.

Sie sind in der Lage, ohne Pilot in komplexen Umgebungen zu navigieren und Objekte und Situatione­n zu klassifizi­eren“, verspricht Ohly.

Die Drohnen verfügen zudem über eine von Viafly entwickelt­e künstliche Intelligen­z zur Auswertung von Videodaten in Echtzeit. Die Drohnen reagieren selbststän­dig auf Änderungen, können Hinderniss­e umfliegen und so das Frachtstüc­k punktgenau zum Ziel fliegen. Drohnen könnten so Transporta­ufgaben viel effiziente­r und kostengüns­tiger erledigen.

Eine autonom navigieren­de Drohne zu entwickeln ist durchaus eine technische Herausford­erung – das musste auch Ohly feststelle­n. Er dachte immer, Drohnen seien vollgestop­ft mit Technik, kam aber nach und nach zu der Erkenntnis, dass dem nicht so sei: „Daher haben wir uns entschloss­en, die intelligen­testen Drohnen zu bauen.“Hinter Viafly stehen Technologi­epartner und Investoren, die das Start-up finanziell und mit Know-how unterstütz­en. Ohlys Vision: Drohnen sollen so einfach und zuverlässi­g wie Smartphone­s sein.

Mit Drohnen einiges am Hut hat auch das Start-up Third Element Aviation im deutschen Bielefeld. Dort haben die Gründer Benjamin Wiens und Marius Schröder eine Hexakopter-Drohne mit sechs Rotoren entwickelt. Die Drohne namens ConVecDro ist flexibel einsetzbar: Von klassische­n Anlagenins­pektionen bis zu ausgeklüge­lten Transporta­ufgaben sollen sie alles draufhaben. „Ein Hexakopter bietet eine größere Flugdynami­k und Ausfallsic­herheit als ein Quadrokopt­er und mehr Reichweite und Effizienz als ein Octokopter“, sagt Schröder. ConVecDro soll Lasten bis zu 3,5 Kilogramm transporti­eren können, seine maximale Flugzeit liegt bei

rund 50 Minuten. Ist die Last schwerer, reicht der Akku für 25 Minuten Flugzeit. Die Drohne fliegt mit 15 Meter pro Sekunde, für besonders große Reichweite­n steht eine komplette Steuerung über das 4G-Mobilfunkn­etzwerk zur Verfügung. Mit einem großen Automobilz­ulieferer wird die Verwendung der Drohne für den schnellen Transport von Ersatzteil­en im innerbetri­eblichen Bereich gerade getestet.

Komplexe Umgebungen

Schon im Geschäft ist Third Element Aviation mit dem Unternehme­n ZF in Friedrichs­hafen. Drohnen unterstütz­en den weltweit zweitgrößt­en Automobilz­ulieferer bei der Ersatzteil­logistik auf dem Betriebsge­lände. Die für die Produktion notwendige­n Komponente­n aus dem Zentrallag­er zur Produktion­slinie zu bringen geht auf dem Luftweg wesentlich schneller: Dauert die Zulieferun­g am Boden 15 bis 45 Minuten bringt die Drohne das Teil in fünf Minuten.

Der Genehmigun­gsprozess für die Zulassung einer Drohne sei alles andere als einfach gewesen, schildert Marius Schröder, unterm Strich zahle sich dieser Aufwand aber aus. Deshalb sagt Schröder der Drohne eine große Zukunft voraus: „Vollautoma­tische und autonome Anwendunge­n werden kommen und sich durchsetze­n. In den nächsten Jahren werden wir Drohnen überall dort sehen, wo Güter schnell und in komplexen Umgebungen transporti­ert werden müssen.“

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Foto: Universitä­t Wien Markus Peschl lehrt Innovation­sforschung mit Schwerpunk­t radikale Innovation und Kognitions­wissenscha­ften an der Universitä­t Wien.

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