Hungerstreik in Tirol
Seit Wochenbeginn verweigern 17 Bewohner des Rückkehrzentrums des Innenministeriums die Nahrungsaufnahme. Sie protestieren damit gegen ihre Behandlung. Tirols Soziallandesrätin fordert die Schließung der Einrichtung.
17 Personen verweigern aus Protest gegen ihre Unterbringung in einem Rückkehrzentrum die Nahrungszufuhr.
Die Zustände in der Rückkehrberatungseinrichtung des Innenministeriums (BMI) am Tiroler Bürglkopf sind für viele Bewohner offenbar untragbar. Seit Wochenbeginn protestieren daher 17 von ihnen mit einem Hungerstreik gegen ihre Unterbringung in dem entlegenen Lager auf 1250 Meter Seehöhe.
In Fieberbrunn werden Asylwerber, deren Anträge abgewiesen wurden und die bislang nicht abgeschoben werden konnten, einquartiert. Sie sollen dadurch zur freiwilligen Ausreise bewegt werden. Derzeit sind rund 40 Personen, darunter auch Familien mit Kindern, dort untergebracht. Die Betroffenen fühlen sich nicht fair behandelt und wollen mit ihrem Streik auf die ihrer Ansicht nach untragbaren Zustände in der Einrichtung hinweisen.
Viele Konflikte und Streite
Es gehe dabei um die abgeschiedene Lage des Quartiers am Berg, das nur über einen kilometerlangen Forstweg erreichbar ist. Zudem beklagen sie den schlechten psychischen Gesundheitszustand vieler der dort Untergebrachten, die oft schon seit Monaten in der Einrichtung leben. Das führe immer wieder zu Konflikten unter den Bewohnern, worunter wiederum vor allem die Kinder leiden würden, die das täglich miterleben müssten. Videos belegen diese Angaben von Konflikten unter psychisch labilen Bewohnern des Quartiers am Bürglkopf.
Zudem, wie einer der Streikenden dem Standard am Mittwoch mitteilte, wollen sie eine neuerliche Prüfung ihrer Anträge bewirken. Denn diese seien zu Unrecht abgelehnt worden, sagen sie. Ein Iraker will seiner Forderung Nachdruck verleihen, indem er nach eigenen Angaben seit Montag auch jede Flüssigkeitsaufnahme verweigert. Der jüngste der Hunberbrunn gerstreikenden soll überhaupt erst 15 Jahre alt sein.
Auch die Eltern einer staatenlosen jesidischen Familie, die mit ihren sechs- und elfjährigen Kindern seit März am Bürglkopf untergebracht ist, sind unter den Hungerstreikenden. Ihre Lage sei besonders verzweifelt, wie eine Unterstützerin der Familie aus Oberösterreich erklärte, da sie mangels Papieren nicht abgeschoben werden können. Der Vater berichtete dem Standard bei einem Lokalaugenschein in FieEnde Mai, dass er nicht wisse, wie es weitergehen soll, da er mangels Dokumenten gar nicht ausreisen könne. Das BMI will zum Fall dieser Familie „aus datenschutzrechtlichen Gründen“keine Angaben machen.
Die Tiroler Soziallandesrätin Gabriele Fischer (Grüne) ist ob der Zustände in Fieberbrunn alarmiert: „Die Einrichtung am Bürglkopf ist abgelegen, isoliert und besonders für Kinder absolut ungeeignet.“Durch den Hungerstreik spitze sich die Lage nochmals zu, so Fischer. Daher plädiere sie für eine Schließung der Einrichtung: „Zumindest aber für eine Verlegung der Familien in eine kindgerechtere Umgebung.“Das Land Tirol hat allerdings keinerlei Handhabe, da das Lager am Bürglkopf direkt dem Innenministerium und somit dem Bund unterstellt ist.
Vonseiten des Innenministeriums wird der Hungerstreik in Fieberbrunn bestätigt. Die mit der Betreuung der Bewohner beauftragte Schweizer Firma ORS Service GmbH agiere „im gegenständlichen Fall nach den vorgegebenen Standards“. Das bedeute die Einhaltung einer Meldekette, die auch die Einbindung von Ärzten vorsehe. Auf die Asylverfahren der Betroffenen werde der Hungerstreik allerdings keinen Einfluss haben.
Die Hungerstreikenden berichteten, dass bisher niemand auf ihren Protest reagiert habe. Auch medizinisch seien sie noch nicht untersucht worden. Anschuldigungen der Asylwerber gegen das Betreuungspersonal von ORS, ihren Protest nicht ernst zu nehmen, weist die Firma entschieden zurück. Man halte sich an die Vorgaben des BMI für den Fall eines Hungerstreiks. Diese würden, wenn nötig, medizinische Betreuung bedeuten. Doch bislang sei dies nicht der Fall gewesen.