Gastronomen vermissen Planungssicherheit
Wirte beklagen hohe Kosten durch ständige Änderungen, Ärzte fordern umgehende Umsetzung des Rauchverbots
Der mögliche Beschluss eines ausnahmslosen Rauchverbots in der Gastronomie trifft in der Wirtschaftskammer auf wenig Gegenliebe. Im Wiener Fachverband hieß es am Donnerstag auf eine Anfrage des Standard, dass die Branche vor allem Rechts- und Planungssicherheit brauche. Und die war für Lokalbetreiber seit Jahren tatsächlich schwer zu finden. Seit 2009, als das bis jetzt gültige Tabakgesetz samt Rauchverbot und Ausnahmeregelungen in Kraft trat, haben sich Vorgaben durch Übergangsfristen beziehungsweise durch die Verschiebung politischer Machverhältnisse immer wieder geändert.
Mario Pulker, Obmann des Fachverbands Gastronomie in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), sprach sich in einer ersten Reaktion gegen eine „unvermittelte Aufhebung von rechtsgültigen Gesetzesbeschlüssen“aus.
Berufung auf mündige Bürger
Eine umgehende Aufhebung der bestehenden Regelung verursache Kosten, die sich viele Betriebe nicht mehr leisten könnten. Im Übrigen sei die aktuelle Regelung erst vor kurzem vom Parlament mit entsprechender Mehrheit (von ÖVP und FPÖ; Anm.) beschlossen worden und entspreche „den Interessen der Mehrheit der Mitgliedsbetriebe in der Gastronomie“, sagte Pulker zur Austria Presse Agentur.
Schon anlässlich der Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof gegen die schwarz-blaue Rücknahme des Rauchverbots hatte es massive Proteste aus der Wirtschaft gegeben: „Wir sind weiterhin überzeugt davon, dass der mündige Bürger selbst wählen kann, ob er ein Raucherlokal aufsuchen möchte oder nicht“, befanden der Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer, Peter Dobcak, und Kaffeehäuser-Vertreter Wolfgang Binder.
Happy mit einem möglicherweise schon ab Herbst geltenden generellen Rauchverbot in Lokalen zeigte sich hingegen Bernd Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft Vida. 220.000 Beschäftigte seien täglich stundenlang Passivrauch ausgesetzt, selbst tausenden Lehrlinge müssten sich regelmäßig in verrauchten Räumen aufhalten.
Die Wiener Ärztekammer, die im Vorjahr das „Don’t smoke“-Volksbegehren mitinitiiert hatte, drängt auf eine baldige Umsetzung des Rauchverbots in geschlossenen Räumen der Gastronomie. Florian Stigler, Experte für Öffentliche Gesundheit an der Med-Uni Graz, rechnete vor, dass jeder Monat Verzögerung zu 2700 vermeidbaren Krankenhausaufnahmen führe. (simo)