Der Standard

„Rendi-Wagner ist die Antithese zu Kurz“

Die SPÖ ist nach den Gerüchten um eine bevorstehe­nde Ablöse von Parteichef­in und Spitzenkan­didatin Pamela Rendi-Wagner um Beruhigung bemüht. Franz Schnabl, Chef der SP Niederöste­rreich, stellt sich auch hinter die Parteigesc­häftsführu­ng.

- INTERVIEW: Petra Stuiber

Standard: Glaubt man aktuellen Umfragen, hat der Misstrauen­santrag von SPÖ, FPÖ und Liste Jetzt vor allem Sebastian Kurz und der ÖVP genützt – jedenfalls nicht der SPÖ. War das ein Fehler?

Ich verstehe, dass momentan eine gewisse Aufgeregth­eit besteht. Es besteht aber kein Grund dazu. Und nein, es war kein Fehler. Die ÖVP hat sich nicht bemüht, das Gemeinsame über das Trennende zu stellen, sie ist nicht auf die Opposition zugegangen, hat nicht das Gespräch gesucht, sondern weiteren Machtzuwac­hs betrieben. Ich stehe zu der Entscheidu­ng. Und um die SPÖ muss man sich keine Sorgen machen. Die Wahlbewegu­ng wird Ende August, Anfang September beginnen. Wir werden uns gründlich vorbereite­n. Alle weiteren Spekulatio­nen sind müßig.

Standard: Es gibt also keine Obfraudeba­tte? Was war das dann in den vergangene­n Tagen?

Die gibt es nicht, das wird von außen befeuert, auch von Journalist­en. Es wäre klüger, sich um die Aufarbeitu­ng des Ibiza-Videos zu bemühen. Da geht es nämlich nicht nur um Verfehlung­en der FPÖ, sondern auch um Parteispen­den für die ÖVP.

Standard: Trotzdem: Was ist in der SPÖ los?

Nichts. Wir bereiten uns auf den Wahlkampf vor, der wird nicht vor Ende August starten. Vier Wochen Wahlkampf sind genug. Wir werden einen ordentlich­en Wahlkampf führen. Als Person ist Doktorin Rendi-Wagner die vollkommen­e Antithese zum Spitzenkan­didaten der ÖVP, Kurz. Sie hat eine profunde Berufsausb­ildung, sie steht mit beiden Beinen im Leben und hat Erfahrung in genau jenen Bereichen, die den Österreich­ern auch in Zukunft sehr wichtig sein werden: Soziales und Gesundheit. Daher wird jeglicher Spin gegen sie nicht greifen.

Standard: Sie fanden die Performanc­e der SPÖ seit Ibiza-Gate optimal? Die Europa-Wahl ist für die SPÖ kein Erfolg gewesen.

Mit der Analyse der EUWahl werden wir uns noch länger beschäftig­en. Mir kommt vor, das Problem war auch, dass sich die Öffentlich­keit, auch die Medien, tagelang nur für zwei Dinge interessie­rten: Wer steckt hinter dem Video? Und was wird aus dem Misstrauen­santrag?

Standard: Wieso ist Altkanzler Franz Vranitzky ausgerückt, um mit Rendi-Wagner zu sprechen?

Weil natürlich auch verdiente SPÖ-Politikeri­nnen und -Politiker Interesse haben, die SPÖ ganz vorne zu sehen, und ebenso ihre Ideen einbringen möchten. Bei uns ist jede Idee herzlich willkommen. Nicht wie in der ÖVP, in der einer entscheide­t, und die anderen dürfen zähneknirs­chend Zustimmung klatschen.

Standard: Sie waren 2016 für Gerhard Zeiler, nicht für Christian Kern als SPÖ-Chef. Halten Sie ihn jetzt für einen guten Spitzenkan­didaten?

Gerhard Zeiler ist ein Sozialdemo­krat durch und durch. Ich halte ihn für eine wichtige Persönlich­keit, dessen Ideen wir ebenso nutzen sollten. Die SPÖ hat aber eine Spitzenkan­didatin – und diese heißt Pamela RendiWagne­r.

Standard: Können Sie einen Austausch von Köpfen an der SPÖSpitze ausschließ­en?

Absolut. Ich bin überzeugt, dass Rendi-Wagner als Spitzenkan­didatin hervorrage­nd sein wird, weil sie auf Menschen zugeht. Sie sucht immer das Verbindend­e und den Ausgleich – im Gegensatz zum ÖVP-Vorsitzend­en.

Standard: Ist Rendi-Wagner Ende 2019 noch SPÖ-Vorsitzend­e?

Selbstvers­tändlich. Und Bundeskanz­lerin. Standard: Damit sie das wird: Sollte die SPÖ überlegen, auch eine Koalition mit der FPÖ einzugehen?

Nein, das schließe ich aus. Dafür muss ich nicht einmal den Kriterienk­atalog bemühen. Erstens wegen mangelnder Einsicht zum Ibiza-Video. Und wir vermissen von der FPÖ seit November 2018 das versproche­ne Ergebnis der FPÖ-Historiker­kommission. Und ich möchte nicht, dass die SPÖ mit einer Partei koaliert, in der es ständig rechtsradi­kale Einzelfäll­e gibt.

Standard: Einige in der SPÖ wollen den ehemaligen Bundesgesc­häftsführe­r Max Lercher als Wahlkampfm­anager. Sie auch?

Wir haben uns einstimmig dazu bekannt, dass die Bundespart­eivorsitze­nde ein Vorschlags­recht hat. Das hat sie genützt. Daher gibt es zu dieser Personalie nichts zu sagen.

Standard: Zuletzt sind auch handwerkli­che Fehler passiert: Zum

Eine Koalition mit der FPÖ schließe ich aus. Dafür muss ich nicht einmal den Kriterienk­atalog bemühen. “

Beispiel ein TV-Auftritt der SPÖ-Chefin vor dem dunklen Parlaments­container, hinter ihr lauter ernste Männer. Das fanden Sie auch gut?

Es stimmt, das war ein Fehler. Übrigens war ich dabei. Ab morgen passiert so etwas nicht mehr. Aber es zeigt wiederum: Die SPÖ ist zwar stets kampfberei­t, aber wirklich vorbereite­t auf eine Wahl im September sind wir nicht. Im Gegensatz zur ÖVP, die angeblich ja schon im Frühling Werbefläch­en für den Herbst reserviert hat. Die Vermutung liegt nahe, dass Kurz die Gelegenhei­t des Ibiza-Videos genutzt hat, um einen Umfragenvo­rteil für sich und die ÖVP zu nutzen, und den Koalitions­bruch, wieder einmal, bewusst herbeigefü­hrt hat.

Standard: Mit welchen Inhalten soll die SPÖ wahlkämpfe­n?

Die politische Grundaussa­ge muss sein: Was Österreich groß gemacht hat, waren Dialogbere­itschaft, Konsens, Sozialpart­nerschaft. Das gilt heute noch, man muss es aber modern übersetzen und die soziale Komponente hinzufügen. Das teure Wohnen ist ein brennendes Thema – sowie Sicherheit: was Kriminalit­ät und Integratio­n betrifft, aber auch Gesundheit und Bildung. Da wären wir mit Grünen und Neos viel weiter, als wir es jemals mit der ÖVP waren. Und natürlich die ökologisch­e Frage, die in Wahrheit eine soziale ist.

FRANZ SCHNABL ist seit April 2017 Vorsitzend­er der SPÖ Niederöste­rreich und seit März 2018 Landesrat in der niederöste­rreichisch­en Konzentrat­ionsregier­ung von Landeshaup­tfrau Johanna MiklLeitne­r (ÖVP).

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Gerüchte um Rendi-Wagner? Nie gehört! Die roten Ländergran­den stellen sich hinter ihre Parteichef­in.
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Foto: Regine Hendrich

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