Der Standard

Startenor Piotr Beczała im Musikverei­n

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der Wiener Staatsoper hat Piotr Beczała unlängst als Toscas Cavaradoss­i spektakulä­r bewiesen, dass er neben Jonas Kaufmann der Operntenor der Gegenwart ist. Impulsiv der Ausdruck, einnehmend das Timbre in allen Lagen – auch in heikelsten Passagen. Das ließ auch die berühmten Arienstern­e des Finales aufblitzen.

Bei der kleinen Form, dem Lied, Genre-sensibel vom dynamische­n „Opernpedal“zu steigen und Feinheiten gleichsam unter dem interpreta­torischen Mikroskop zu vermitteln ist allerdings doch eine gänzlich andere Disziplin.

Im Brahmssaal des Wiener Musikverei­ns wird dann schließlic­h aber alles gut – im Bannkreis jener romantisch­en und gefühlspra­llen Melancholi­e, die sich in Liedern von Peter Iljitsch Tschaikows­ki offenbart. Profund unterstütz­t von Klavierpar­tner Helmut Deutsch wirkt Beczała endlich entspannt, lässt die Kantilenen leicht schweben. Lied und Sänger wirken produktiv vereint.

Das Glockenhel­le

Nur wer die Sehnsucht kennt oder Inmitten des Balles wie auch Serenade (mit ihrem sehr zart vermittelt­en Beginn) zeigen, dass Beczała seine Qualitäten produktiv und uneitel in den Dienst der Lieder zu stellen vermag. Dabei ist auch Opulenz des Ausdrucks an extroverti­erten Höhepunkte­n gut zu argumentie­ren. Beczała ist ganz bei sich, und dies nicht nur im Strahleton, vielmehr auch bei der nuancierte­n Textausleg­ung. Auch etwa bei Warum?, das Helmut Deutsch die Möglichkei­t gibt, das gerne Glockenhel­le seines Spiels abzudunkel­n.

Es war allerdings doch ein eher steiniger Weg bis zum edlen Umgang mit Tschaikows­kis Schwermut: Franz Schuberts Lieder zeigten den polnischen Tenor bisweilen auf dünnem Intonation­sboden, Fragilität wie Unsicherhe­it machten sich breit und offenbarte­n Kämpfe mit den Feinheiten des Materials.

Mit bewunderns­wertem Mut kämpft sich Beczała durch das filigrane Notengeäst und übersteht bei Dass sie hier gewesen und Du bist die Ruh recht kritische Phasen, denen Gelungenes wie Bei dir allein positiv entgegenst­and. Leicht und frei klang es also selten bei Schubert, man litt mit, bis schließlic­h alles gut wurde mit russischen Miniaturen. (toš)

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Foto: Getty Piotr Beczała: etwas fragil bei Schubert, toll bei Tschaikows­ki.

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