Der Standard

Finger weg vom rechten Rand

- Manuela Honsig-Erlenburg

Von einem solchen Wahlergebn­is können die Sozialdemo­kraten andernorts nur träumen: Bei der Parlaments­wahl in Dänemark haben sie unter Mette Frederikse­n aus der Opposition heraus die regierende­n Liberalen von der Spitze verdrängt.

Geschafft haben sie das mit einem Mix aus typischen sozialdemo­kratischen, aber auch konservati­ven bis rechten Themen. Vor allem in der Einwanderu­ngspolitik gibt Frederikse­n einen Hardlinerk­urs vor, der Herbert Kickl verzücken würde. Ihr Grundrezep­t – eine profunde Sozialpoli­tik für die Dänen sowie Drohgebärd­en, Abschottun­g und Schikanen für alle anderen, vor allem „Nichtwestl­iche“– funktionie­rte. Das Wahlergebn­is in Dänemark ließ sicher auch Hans Peter Doskozil aufhorchen, der für seine Partei Ähnliches im Sinn hat. Dänemark als Handlungsa­nleitung?

Doch wie gefährlich ist eine solche Gratwander­ung, eine Aushöhlung der typisch sozialdemo­kratischen Positionen? Welche Auswirkung­en hat das Ganze auf das politische System im Allgemeine­n? In Dänemark beispielsw­eise wird eine Koalitions­findung dadurch massiv erschwert, dass keine der Parteien den sozialdemo­kratischen Spagat wirklich mittragen kann. Noch schwerwieg­ender ist aber eine mögliche direkte Folge für die Gesellscha­ft. Für den Stimmenfan­g nimmt Frederikse­n in Kauf, dass das rechtspopu­listische Narrativ von den Zuwanderer­n, die schuld am Sozialabba­u sind, sozialdemo­kratisches Programm wird.

Ist aber erst einmal ein Sündenbock gefunden, so zieht dieser die Aufmerksam­keit von global operierend­e Konzernen womöglich ab, die mit legalen Buchungstr­icks Steuerzahl­ungen in Milliarden­höhe vermeiden. Frederikse­n verrät damit sozialdemo­kratische Grundwerte. Das kann auf Dauer auch nicht gutgehen.

Wohin sich also wenden als sozialdemo­kratische Partei in der Krise? Vielleicht nach Spanien? Der PSOE unter dem charismati­schen Pedro Sánchez macht es derzeit der im Korruption­ssumpf versinkend­e Mitbewerb leicht. Interessan­t ist aber auch, dass Sánchez sich klar vom rechten Lager abgrenzt. Die Partei lässt sich außerdem auf nationaler Ebene nicht auf große Koalitione­n ein, was es leichter macht, unverwässe­rte sozialdemo­kratische Politik zu betreiben und glaubhaft zu kommunizie­ren. Damit ist Spanien zumindest ein Beispiel dafür, dass man Wahlerfolg­e einfahren kann, ohne die sozialdemo­kratische Seele an die unmenschli­che Rechte zu verkaufen.

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