Finger weg vom rechten Rand
Von einem solchen Wahlergebnis können die Sozialdemokraten andernorts nur träumen: Bei der Parlamentswahl in Dänemark haben sie unter Mette Frederiksen aus der Opposition heraus die regierenden Liberalen von der Spitze verdrängt.
Geschafft haben sie das mit einem Mix aus typischen sozialdemokratischen, aber auch konservativen bis rechten Themen. Vor allem in der Einwanderungspolitik gibt Frederiksen einen Hardlinerkurs vor, der Herbert Kickl verzücken würde. Ihr Grundrezept – eine profunde Sozialpolitik für die Dänen sowie Drohgebärden, Abschottung und Schikanen für alle anderen, vor allem „Nichtwestliche“– funktionierte. Das Wahlergebnis in Dänemark ließ sicher auch Hans Peter Doskozil aufhorchen, der für seine Partei Ähnliches im Sinn hat. Dänemark als Handlungsanleitung?
Doch wie gefährlich ist eine solche Gratwanderung, eine Aushöhlung der typisch sozialdemokratischen Positionen? Welche Auswirkungen hat das Ganze auf das politische System im Allgemeinen? In Dänemark beispielsweise wird eine Koalitionsfindung dadurch massiv erschwert, dass keine der Parteien den sozialdemokratischen Spagat wirklich mittragen kann. Noch schwerwiegender ist aber eine mögliche direkte Folge für die Gesellschaft. Für den Stimmenfang nimmt Frederiksen in Kauf, dass das rechtspopulistische Narrativ von den Zuwanderern, die schuld am Sozialabbau sind, sozialdemokratisches Programm wird.
Ist aber erst einmal ein Sündenbock gefunden, so zieht dieser die Aufmerksamkeit von global operierende Konzernen womöglich ab, die mit legalen Buchungstricks Steuerzahlungen in Milliardenhöhe vermeiden. Frederiksen verrät damit sozialdemokratische Grundwerte. Das kann auf Dauer auch nicht gutgehen.
Wohin sich also wenden als sozialdemokratische Partei in der Krise? Vielleicht nach Spanien? Der PSOE unter dem charismatischen Pedro Sánchez macht es derzeit der im Korruptionssumpf versinkende Mitbewerb leicht. Interessant ist aber auch, dass Sánchez sich klar vom rechten Lager abgrenzt. Die Partei lässt sich außerdem auf nationaler Ebene nicht auf große Koalitionen ein, was es leichter macht, unverwässerte sozialdemokratische Politik zu betreiben und glaubhaft zu kommunizieren. Damit ist Spanien zumindest ein Beispiel dafür, dass man Wahlerfolge einfahren kann, ohne die sozialdemokratische Seele an die unmenschliche Rechte zu verkaufen.