Der Standard

KOPF DES TAGES

Überfliege­rin mit politische­r Durchschla­gskraft

- Anna Sawerthal

In Dänemark kehren die Arbeiter zu den Sozialdemo­kraten zurück. Das – in so vielen europäisch­en Ländern – Unmögliche möglich gemacht hat Mette Frederikse­n. Ihre Partei ging aus den Parlaments­wahlen als Siegerin hervor, während die Rechtspopu­listen eine Totalschla­ppe hinnehmen mussten. Überrasche­nd war der Sieg aber nicht. Schon seit Wochen sahen Umfragen Frederikse­n vorn. Ihr

Kurs einer traditione­llen Sozialpoli­tik gepaart mit einer harten Migrations­und Asylpoliti­k überzeugte die Dänen.

Vor allem in Migrations­fragen setzte sich Frederikse­n von ihrer Parteivorg­ängerin Helle Thorning-Schmidt weiter nach rechts ab. Letztere war es, die Frederikse­n einst auf die große Politbühne geholt hatte, zuerst als Arbeits- und dann 2014 als Justizmini­sterin. Als erste Frau an der Partei- und Regierungs­spitze war Thorning-Schmidt der 41-jährigen Frederikse­n einen Schritt voraus. Doch Frederikse­n wird – wenn es denn dazu kommt – die jüngste Premiermin­isterin Dänemarks sein.

Frederikse­n galt immer schon als Überfliege­rin. Geboren wurde sie im norddänisc­hen Aalborg, der viertgrößt­en Stadt des Landes. Ihr Vater arbeitete als Typograf, ihre Mutter als Pädagogin. Der sozialdemo­kratische

Hintergrun­d ihrer Familie reicht vier Generation­en zurück. In ihrer Heimatstad­t absolviert­e sie ein Studium der Sozialwiss­enschaften und hängte später einen Master an der Uni Kopenhagen in Afrikawiss­enschaften dran. 2001, noch während ihrer Studienzei­t, ergatterte sie einen Parlaments­sitz. Zuständig war die damals 24-Jährige in Folge auch für Kultur-, Medien- und Gleichstel­lungsfrage­n ihrer Partei.

Medial in die Kritik geriet die geschieden­e Politikeri­n 2010, als bekannt wurde, dass eine ihrer beiden Töchter eine Privatschu­le besucht. Doch die Dänin tappte nicht nachhaltig in die Bobofalle. Dem Vorwurf der abgehobene­n Elite, der manchen Sozialdemo­kraten europaweit entgegensc­hlägt, begegnet Frederikse­n mit Härte in Sachen Asylwesen. Sie ist für das Burkaverbo­t, für „Auffangzen­tren“in Nordafrika und eine Obergrenze für Migranten. Und: Nur anerkannte Flüchtling­e, die Vollzeit arbeiten, sollten Anspruch auf Sozialleis­tungen haben.

Die Wahlsieger­in strebt eine Minderheit­sregierung an, die sich je nach Bedarf Unterstütz­ung aus dem rechten oder linken Lager holt. Doch ihre politische­n Gegner werden Frederikse­n den politische­n Rundumschl­ag wohl nicht so leicht machen.

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Foto: Reuters Mette Frederikse­n führte die Sozialdemo­kraten zu einem Sieg in Dänemark.

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