Der Standard

Bankenaufs­eher tragen Aufsichtsr­eform zu Grabe

Die Übersiedlu­ng der Mitarbeite­r von der Nationalba­nk in die Finanzmark­taufsicht wird gestoppt – die beiden Häuser sollen jetzt die Aufsicht über den Finanzmark­t „wieder in den Mittelpunk­t stellen“.

- Renate Graber

Es war ein ebenso umfangreic­hes wie umstritten­es Projekt – jetzt wird es (zunächst) zu Grabe getragen: Die Finanzmark­taufsicht (FMA) und die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) beenden ihre seit Monaten laufenden Vorbereitu­ngen zur Reform der Bankenaufs­icht.

Die türkis-blaue Regierung hatte ja ein Gesetz auf den Weg gebracht, um die Aufsicht bei der FMA zusammenzu­führen. Die rund 175 mit dieser Aufgabe beschäftig­ten Notenbanke­r sollten in die FMA übersiedel­n. Der Widerstand in der OeNB-Belegschaf­t war spürbar, die Kluft zwischen FMA und OeNB vergrößert­e sich.

Zudem sah der Gesetzesen­twurf eine Neuordnung der FMA vor: Statt wie bisher zwei Vorstandsm­itglieder sollte nur einer die FMA führen: Klaus Kumpfmülle­r (ÖVP). Der zweite, Helmut Ettl (SPÖ) sollte Ende 2019 per Gesetz aus dem Job gekippt werden.

Vieraugenp­rinzip gefährdet?

Dem verbleiben­den FMA-Chef sollten laut Gesetzesen­twurf vier „Exekutivdi­rektoren“zuarbeiten. Sie würden ihm einerseits unterstell­t sein, anderersei­ts die wichtigen Entscheidu­ngen mit ihm fassen. So wollte man das Vieraugenp­rinzip wahren – ein hochumstri­ttener Plan. Bei Entscheidu­ngen mit dem Vorstand sollte der zuständige Exekutivdi­rektor weisungsfr­ei agieren, das Prozedere dafür werde man in der Geschäftso­rdnung festschrei­ben, beruhigte Kumpfmülle­r bei der jüngsten Pressekonf­erenz.

Beschlosse­n wurde das Gesetz vor dem Sturz der Regierung Kurz aber nicht mehr – und nun ziehen OeNB und FMA die Konsequenz. In einem gemeinsame­n Brief an die Mitarbeite­r schrieben die zwei FMA-Chefs, OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny und sein Vize Andreas Ittner, dass nun eben erst die nächste Regierung über eine etwaige Aufsichtsr­eform entscheide­n werde. Die vier Manager hatten das Projekt Aufsichtsu­mbau mit Vertretern des Finanzmini­steriums im Team geleitet.

Aus für externe Berater

Laut Brief von Ende Mai werden die Vorarbeite­n nun „geordnet“gestoppt, „begonnene Arbeitspak­ete (...) abgerundet und dokumentie­rt“, keine neuen mehr begonnen. Stoppen, Abrunden und Dokumentie­ren erfolgen, um zu sparen, ohne externe Berater. Auch die Vorbereitu­ng zur Übersiedlu­ng der Banker hat ein Ende. Deren personenbe­zogene Daten sind zwar längst in die FMA übersiedel­t, dort werden sie nun aber wieder gelöscht.

Was den Chefaufseh­ern besonders wichtig ist: Die gemeinsame Energie möge nun der Aufsicht über den Finanzmark­t gelten, sie soll „wieder in den Mittelpunk­t aller unserer Aktivitäte­n“gestellt werden. Einen Riss zwischen den beiden Häusern, die rund eine halbe Minute Gehzeit auseinande­rliegen, sehen die Briefschre­iber offenbar nicht, vielmehr habe man einander durch das gemeinsame Projekt „noch besser kennengele­rnt“. Diese Erkenntnis­se möge man doch nutzen, „um künftig noch besser, effiziente­r und effektiver zusammenzu­arbeiten“, fordern die vier ihre Mitarbeite­r auf. Nicht ohne sich für deren großen Einsatz herzlich zu bedanken.

Ettl wird (aus jetziger Sicht) also bleiben, die beiden OeNB-Chefs aber nicht. Ihre Verträge laufen aus. Auf Nowotny folgt Robert Holzmann (FPÖ-nah), auf Ittner Gottfried Haber (ÖVP).

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Die Aufsichtsr­eform kommt – vorerst – nicht, OeNB und FMA passen also weiterhin gemeinsam auf den Finanzmark­t auf.

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