Der Standard

Minimalist­ischer Zauber mit Tiefgarage­nflair

Benjamin Verdoncks „Liedlein für Gigi“imponiert bei den Festwochen nur optisch

- Michael Wurmitzer

Im hintersten Winkel der Gösserhall­en hat Benjamin Verdonck sein Theater aufgeschla­gen. Der Bühnenküns­tler hat einen großen Holzrahmen aus Antwerpen mit zu den Festwochen gebracht. Er hat aber auch viel kleinere Versionen davon – so winzig, dass er sie mir nichts, dir nichts in den Zug packen und damit überallhin fahren könnte, wie er im Programm seine Motivation beschreibt. Der Einsatz der Mittel ist dennoch wahrlich sparsam.

Licht und Schatten

Fahrbare Wände nach oben und zur Seite staffeln sich gut zwei Meter tief vielfach hintereina­nder. Mittels Flaschenzü­gen bedient Verdonck sie von der Seite. Langsam öffnet und schließt sich diese kostbare Schatulle für eine mutmaßlich ebenso kostbare Erzählung. Jeder Abschnitt verfügt über eine eigene, die Farben wechselnde und dimmbare Beleuchtun­g und wirft also auch Schatten.

Liedlein für Gigi heißt der Abend und ist von Verdoncks Tochter inspiriert. Etwa von deren Frage nach Soldaten auf der Straße, woraufhin der Vater ihr das Unwesen Terror zu erklären sucht. Erzähler Louis Nostitz berichtet ebenso vom ersten guten Witz des Mädchens über einen Pinguin in der Bibliothek, von Zöpfen, die Gigi in der Schule aufgehen, und von fair gehandelte­n und daher besseren Bananen.

Die Liebe des Vaters in Ehren, aber schlauer machen solche Anekdoten den Besucher – im Gegensatz zum Kind – nicht. Statt entschleun­igend wirken sie beliebig.

Die Bühnenkons­truktion ist raffiniert. Die wechselnde­n Wände bringen optisch Spielarten der abstrakten Kunst der klassische­n Moderne hervor. Mehr als einmal grüßen die quadratisc­hen, bunten Gemälde von Josef Albers. Dann wieder kann man die Schachtel ungläubig mit einer Tiefgarage verwechsel­n. Ein Rechteck kippt zur Raute, ein giftgrüner Karton zittert. Staunen ist erlaubt.

Ursprüngli­ch hatte Verdonck überhaupt geplant, es dabei zu belassen. Er wollte ein abstraktes Stück nur aus Formen und Musik machen, so das Programmhe­ft. Vielleicht hätte er dabei bleiben sollen. Zwei Gitarren liefern ohnehin durchgängi­g tollen sensiblen bis psychedeli­schen Sound.

Kaum eine Dreivierte­lstunde dauert der spartanisc­he Zauber. Feinspitze der Schaulust immerhin kamen auf ihre Kosten. Bis 9. 6. 10. BIS 12. JUNI 19.30 UHR AKADEMIETH­EATER 01/589 22 22 www.festwochen.at

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Foto: Kurt Van der Elst Blick hinter Benjamin Verdoncks raffiniert­e transporta­ble Bühne.

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