Der Standard

ZITAT DES TAGES

Vorerst spielt aber noch Rafael Nadal gegen den Österreich­er. Das spanische Tennisgeni­e gewann zum zwölften Mal die French Open. „Er ist auf mich draufgesti­egen“, sagte Thiem.

- Philip Bauer aus Paris

„Vom Tennis her ist er in diesem Alter viel besser, als ich es jemals war.“

Ex-Tennisstar Thomas Muster über Dominic Thiem nach dessen Niederlage gegen Rafael Nadal im French-Open-Finale

Nach den French Open ist nicht vor den French Open. „Es gibt nicht nur Paris“, sagt Dominic Thiem bei der Pressekonf­erenz nach dem verlorenen Endspiel von Roland Garros. Der Österreich­er will sich den Traum vom ersten Grand-Slam-Titel erfüllen, und er will darauf kein ganzes Jahr warten. Der 25-Jährige denkt an die Wiese in Wimbledon, an die US Open. Thiem auf die französisc­he Terre battue zu reduzieren wäre ohnehin unsinnig, sein Spiel funktionie­rt auf allen Belägen. Wimbledon beginnt am 1. Juli, Thiem hat in London noch nie das Achtelfina­le überstande­n, es gibt Luft nach oben: „Ich habe verloren, aber es geht gleich weiter. Das ist das Gute am Tennis.“

Nach drei Stunden hatte Rafael Nadal am Sonntag mit 6:3, 5:7, 6:1, 6:1 gewonnen. „Es war zu wenig, aber ich war näher dran als im vergangene­n Jahr“, sagt Thiem. 2018 ging das Finale gegen den Spanier in drei Sätzen verloren. Am Sonntag war der weitaus größte Sohn von Lichtenwör­th in den ersten beiden Sets ebenbürtig. Er spielte Bälle, die das Publikum am Court Philippe Chatrier auf seine Seite brachten. Dominique! Dominique! Aber just nach dem Gewinn des zweiten Satzes kam das Tief. Das geht gegen jeden anderen Spieler gut, da kann man durchtauch­en, sich erholen, wieder zu sich finden. Nicht aber gegen Nadal.

Surreale Zahlen

„Er ist auf mich draufgesti­egen. Man hat gesehen, warum er bereits 18 Grand-Slam-Titel gewonnen hat“, sagt Thiem über den Champion. Es werde so einen Spieler in Paris nie wieder geben. Das ist keine gewagte Prophezeiu­ng. Nadal hat die Coupe des Mousquetai­res bereits zum zwölften Mal gewonnen. Seine Bilanz in Roland Garros hat er auf 93 Siege bei zwei Niederlage­n ausgebaut. Das sind surreale Zahlen. Ob man da nicht leise hofft, dass der Großmeiste­r das Racket zur Seite legt? Die Pension hat der Mann ja bereits abgesicher­t. „Ich wünsche mir nicht, dass er aufhört. Aber für mich wäre der Titel hier genauso viel wert, wenn ich ihn nicht schlagen muss.“

Keine 24 Stunden nach dem Arbeitssie­g gegen den Weltrangli­stenersten Novak Djokovic trat Thiem zum Finale an: „Ich habe eine Legende geschlagen und musste am nächsten Tag gegen eine andere antreten. Das zeigt jedenfalls, wie schwierig es ist, ein Grand-Slam-Turnier zu gewinnen.“Die kurze Regenerati­onsphase wollte er aber nicht als Ausrede gelten lassen. „Ich weiß nicht, wie es mit einem Tag Pause gewesen wäre. Ich war voll mit Adrenalin, ich habe keine Müdigkeit gespürt. Auf der anderen Seite kann so ein Match wie gegen Djokovic nicht spurlos an mir vorübergeh­en. Weder mental noch körperlich.“

Nadal fehlen nach seinem Triumph noch zwei Grand-SlamTitel auf Roger Federer, der bei zwanzig Pokalen hält. Aber das beschäftig­t die Statistike­r mehr als den Spanier, der sich in Demut übt: „Man kann ständig frustriert sein, weil der Nachbar einen größeren Fernseher, einen größeren Garten, ein größeres Haus hat. Aber so möchte ich nicht leben.“Nadal hatte 2019 mit Verletzung­en zu kämpfen, der Spaß am Sport kam ihm kurzzeitig abhanden. Gerade auf Sand musste er in dieser Saison mehr Niederlage­n als üblich hinnehmen. Im Halbfinale von Barcelona verlor er in zwei Sätzen gegen Thiem. Nadal zweifelte, er dachte nach. Um in alter Stärke in den Bois de Boulogne zurückzuke­hren.

Lob von Muster

Thomas Muster bleibt also vorerst der einzige Österreich­er, der ein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte. Der Coup gelang ihm 1995 eben in Paris. Sein Name ist auf Court 1 in Stein gemeißelt. Das diesjährig­e Finale hatte der Steirer aus einer Loge beobachtet. Und er gibt im Interview mit dem ORF nicht den Gockel: „Vom Tennis her ist er in diesem Alter viel besser, als ich es jemals war. In meine Fußstapfen ist er schon lange getreten, Hut ab vor dieser Karriere, der Rest kann kommen. Ich weiß, was er durchmacht. Das ist ganz, ganz schwierig. Ich bin überzeugt, dass er die Nummer eins wird.“

Die Zeit spielt jedenfalls für Thiem. Nadal wurde eben 33, Roger Federer ist 37 Jahre alt, und Novak Djokovic ist mit 32 auch kein Nachwuchst­alent. Das Trio vereint insgesamt satte 53 GrandSlam-Titel.

Aber die Herren müssen mit ihren Kräften haushalten. Nadal wird vor Wimbledon kein Turnier mehr bestreiten: „Es ist wichtiger für mich, gesund und fit zu sein, als viele Matches zu spielen.“

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Sieger Rafael Nadal herzte bereits zum zweiten Mal nach einem Pariser Finale Dominic Thiem.

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