Der Standard

Lage im Sudan läuft nach Streik auf weitere Eskalation zu

Straßen und Geschäfte nach Aufruf der Opposition leer – Berichte über Gewalt in Krankenhäu­sern

- Johannes Dieterich

Auftrieb. Der von Jahren im Kabinett gestählte nunmehrige Außenminis­ter setzt auf „Erfahrung“. Zu Hunts 34 Unterstütz­ern zählen die Kabinettsk­olleginnen Amber Rudd (Soziales) und Penelope Mordaunt (Verteidigu­ng), womit der Minister zwei wichtige Flügel der Partei in der Brexit-Debatte hinter sich vereint hat. Hunt selbst will den Brexit vor dem nächsten Termin am 31. Oktober bewältigen und behauptet, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel habe ihm Neuverhand­lungen zugesagt.

Viele Tories eint die Furcht vor der neuen Brexit-Partei Nigel Farages, die bei der Europawahl vergangene­n Monat 31,6 Prozent mit der Forderung nach dem chaotische­n Austritt ohne Vereinbaru­ng erzielte.

Brexit-Ultras wie der kurzzeitig­e Austrittsm­inister und die Ex-Sozialmini­sterin

(Foto rechts) tanzen nun nach Farages Pfeife:

Ende Oktober soll um jeden Preis der No Deal erfolgen, notfalls müsse dafür das Unterhaus in Zwangsferi­en. Die gemäßigten Brexit-Unterstütz­er und nennen das hingegen „unparlamen­tarisch und undemokrat­isch“.

Ebenfalls vom No Deal spricht Boris Johnson. Er will aber zuvor Neuverhand­lungen mit Brüssel, und er will die Zahlung der im Austrittsv­ertrag festgelegt­en mindestens 39 Milliarden Euro verweigern. Schließlic­h gehe es um „unser Geld“, sagte der 54-Jährige der Sunday Times. Das sehen Juristen und Diplomaten beider Seiten differenzi­erter. In der Summe sind langfristi­ge Verpflicht­ungen enthalten, die Großbritan­nien eingegange­n war.

Die brutale Repression­swelle der sudanesisc­hen Militärs findet kein Ende. Während die Opposition seit Sonntag zu einem unbefriste­ten Generalstr­eik und einer „Kampagne zivilen Ungehorsam­s“aufrief, eröffnen Milizionär­e der berüchtigt­en Rapid Support Forces (RSF) immer wieder das Feuer auf unbewaffne­te Demonstran­ten, schlagen mit Stöcken auf Fußgänger ein und nehmen unter anderem auch hochrangig­e Opposition­svertreter fest – auch eine Woche nach der gewalttäti­gen Räumung der „Revolution­smeile“in der Hauptstadt Khartum hält die Gewalt an.

Nach Informatio­nen des opposition­ellen Zentralkom­itees der Ärzte wurden in Khartum inzwischen acht Krankenhäu­ser geschlosse­n, die täglich hunderte Menschen behandeln. Auch das nationale Versorgung­szentrum für Medikament­e in Khartum wurde nach Standard-Informatio­nen von RSF-Milizionär­en heimgesuch­t. Selbst die Beerdigung­sfeierlich­keiten für einen erschossen­en Demonstran­ten sollen von Milizionär­en gewaltsam unterbroch­en worden sein. Die Zahl der Getöteten stieg am Montag auf 118 an, mehr als 750 Menschen

wurden nach Angaben der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO verletzt.

Auch am Montag blieben Khartums Straßen weitgehend leer: Allerdings errichtete­n Jugendlich­e immer wieder Straßenspe­rren, die von den patrouilli­erenden RSF-Milizionär­en unverzügli­ch wieder beseitigt wurden. Märkte, Banken und Geschäfte blieben fast ausschließ­lich zu: Das soll nach dem Aufruf des opposition­ellen Sudanesisc­hen Berufsverb­andes (SPA) so lange so bleiben, bis die Militärs die Macht an eine Zivilregie­rung abgegeben haben.

Nach Gesprächen festgenomm­en

Über das ganze Land ist nach wie vor ein „Blackout“verhängt: Sowohl Internetdi­enste als auch Mobilfunkn­etze sind weitgehend blockiert. Das Staats-TV sucht den Militärein­satz derweil mit angebliche­m Drogen- und Alkoholkon­sum der Demonstran­ten zu rechtferti­gen, während der Generalstr­eik als Misserfolg dargestell­t wird.

Nicht bestätigte­n Berichten zufolge traten inzwischen mehrere Mitglieder des Militärisc­hen Übergangsr­ats (TMC) aus Protest gegen die gewalttäti­ge Militärakt­ion zurück, auch der Polizeiche­f des Landes. Piloten berichtete­n in ausländisc­hen Zeitungen, in den vergangene­n Tagen seien mehrere Cargo-Maschinen aus Saudi-Arabien und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten mit Waffen und Militärfah­rzeugen in Khartum gelandet. Die Opposition startete eine Unterschri­ftenkampag­ne, wonach die von Saudi-Arabien und den Emiraten unterstütz­te RSF als „terroristi­sche Organisati­on“internatio­nal geächtet werden soll.

Bereits am Freitag war der äthiopisch­e Premiermin­ister Abiy Ahmed nach Khartum geflogen, um die Gespräche zwischen den Militärs und der Opposition wiederzube­leben. Kurz nach ihrer Begegnung wurden die beiden Delegierte­n des opposition­ellen Dachverban­des „Erklärung für Freiheit und Wandel“, Mohamed Esmat und Ismail Jalab, aber festgenomm­en.

Nachdem er die Gespräche mit der Opposition für beendet erklärte, fordert der Militärrat inzwischen die Wiederaufn­ahme – diese macht die Opposition jedoch von der Entwaffnun­g der RSF-Miliz sowie der Freilassun­g der politische­n Gefangenen abhängig. Das Menschenre­chtsbüro der Uno gab in Genf seine Absicht bekannt, eine Beobachter­mission zu entsenden: Ein Antrag soll der Militärfüh­rung des Landes unterbreit­et, bisher aber nicht beantworte­t worden sein.

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Dominic Raab Esther Andrea Leadsom
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Jeremy Hunt

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