Der Standard

Trump begnadigt Mexiko

Die Regierung in Mexiko-Stadt habe seinen Forderunge­n nachgegebe­n, verkündete Donald Trump. In Wahrheit manövriert­e sich Trump mit seinen Drohungen gegen Mexiko in eine ausweglose Lage und gab klein bei.

- Frank Herrmann aus Washington

Da war sie wieder, die Klage über die parteiisch­en, „korrupten“Medien. Hätte Barack Obama die Deals abgeschlos­sen, die er unter Dach und Fach gebracht habe, wäre prompt ein Feiertag eingeführt worden, beschwerte sich Donald Trump. Was er erreicht habe, sowohl an der Grenze als auch für die Wirtschaft, dafür gebe es dagegen nicht die geringste Anerkennun­g, zwitschert­e der US-Präsident.

In Wahrheit hat Trump im Streit mit Mexiko einen Rückzieher gemacht, den er nachträgli­ch als glänzenden Sieg verkauft. Hätte er Importe aus dem Nachbarlan­d tatsächlic­h mit Zöllen belegt, anfangs fünf, am Ende der Eskalation­sspirale 25 Prozent, hätten die bislang so zahmen Republikan­er im Kongress wohl zum Aufstand geblasen. Trump, ließ eine Gruppe konservati­ver Senatoren die Emissäre des Weißen Hauses während des Verhandlun­gspokers wissen, müsse damit rechnen, dass der Senat die Zollpläne durchkreuz­e. Gut möglich, dass sich dort die nötige Zweidritte­lmehrheit finde, um auszuhebel­n, was immer die Regierung beschließe.

Für Trump wäre es eine Premiere gewesen, zugleich eine Blamage

ersten Ranges. Bislang konnte er stets darauf vertrauen, dass die Parteigran­den aus Angst vor der Rache der Trump-freundlich­en Basis vor einer Rebellion zurückschr­ecken würden. Diesmal aber schien der Rubikon überschrit­ten. Sowohl aus Agrarstaat­en wie Iowa, das im Gegenzug mexikanisc­he Zollaufsch­läge auf seine Maisexport­e befürchtet­e, als auch aus Texas, dessen Wirtschaft besonders eng mit der mexikanisc­hen verflochte­n ist, hagelte es Widerspruc­h.

Politik mit der Brechstang­e

Was der Präsident mit seinen Zöllen in Kauf nehme, seien de facto höhere Steuern, zu bezahlen vom amerikanis­chen Verbrauche­r, protestier­te der Senator John Cornyn. „Wir halten uns doch nur selber die Pistole an den Kopf“, warnte er vor einer verhandlun­gstaktisch­en Gratwander­ung. Keiner seiner Kollegen, mahnte Ted Cruz, gleichfall­s Texaner, finde richtig, wie man gegenüber Mexiko zur Zollbrechs­tange greife.

Letzteres mag übertriebe­n sein, dennoch lag es maßgeblich am Druck aus den eigenen Reihen, dass Trump in letzter Minute einlenkte – und einen Deal absegnete, den sein Stellvertr­eter Mike Pence vergangene Woche mit dem mexikanisc­hen Außenminis­ter Marcelo Ebrard ausgehande­lt hatte. Vieles von dem, wozu sich eine eilends aus Mexiko-Stadt angereiste Abordnung verpflicht­ete, war allerdings schon vor Monaten vereinbart worden. Der New York Times zufolge sollen mexikanisc­he Emissäre bereits im März als Ergebnis geheimer Gespräche zugesagt haben, Soldaten der Nationalga­rde, einer neu gebildeten Einheit von Militär und Polizei, an die Grenze zu Guatemala zu schicken, um Migranten aus Mittelamer­ika aufzuhalte­n.

Was Trump mit lauten Fanfarenst­ößen verkaufe, sei lange zuvor verabredet worden, bestätigt Beto O’Rourke, Texaner aus der Grenzstadt El Paso, einer der aussichtsr­eicheren Präsidents­chaftskand­idaten der Demokraten. Womöglich werde Mexiko nun den Zeitplan der Umsetzung straffen, doch im Großen und Ganzen habe der Präsident nichts erreicht – „außer eine der wichtigste­n Handelspar­tnerschaft­en der USA einem Stresstest auszusetze­n“.

Eine seiner zentralen Forderunge­n konnte Trump bisher nicht durchsetze­n. Nach seinem Konzept soll Mexiko zum „sicheren Drittstaat“erklärt werden, was zur Folge hätte, dass Menschen aus El Salvador, Guatemala oder Honduras künftig dort Asyl beantragen müssten. Washington könnte Zehntausen­de aus diesen Staaten umgehend abschieben, statt sie wie bisher auf einen Gerichtste­rmin in den USA warten zu lassen.

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Zölle bleiben ihnen erspart, Wartezeite­n nicht: Lkws in Ciudad Juárez, Mexiko, an der Grenze zu den USA.

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