Der Standard

Der Retter auf der Anklageban­k

Rudolf Haberleitn­er wollte nach der Schlecker-Pleite 3500 Jobs retten und ausbauen. So hochtraben­d die DayliPläne waren, so tief war der Fall des Geschäftsm­anns. Heute, Dienstag, muss er sich vor Gericht verantwort­en.

- Markus Rohrhofer, Andreas Schnauder

Einst wollte er mit seiner Drogeriema­rktkette Dayli vom oberösterr­eichischen Pucking aus „den ganzen Balkan“erobern, dieser Tagen sieht der Aktionsrad­ius von Rudolf Haberleitn­er deutlich kleiner aus. Der 73Jährige muss nämlich ab heute, Dienstag, am Landesgeri­cht Linz auf der Anklageban­k Platz nehmen. Fast sechs Jahre nach der größten Handelsple­ite des vergangene­n Vierteljah­rhunderts endet der letztlich krachend gescheiter­te Plan, die angeschlag­ene Schlecker-Österreich-Tochter sowie andere Auslandstö­chter als DayliDroge­riemärkte fortzuführ­en, in einem Strafverfa­hren wegen grob fahrlässig­er Beeinträch­tigung von Gläubigeri­nteressen.

Es ist dies der zweite Anlauf, die Hauptverha­ndlung zu eröffnen. Der erste Termin im April wurde vertagt, weil Haberleitn­er im Ausland an einer Investment­konferenz teilnahm. An der Ausgangsla­ge hat sich aber nichts geändert:

Die Korruption­sstaatsanw­altschaft hatte im Jänner 2019 einen Strafantra­g gegen Haberleitn­er beim Landesgeri­cht eingebrach­t. Der maximale Strafrahme­n beträgt zwei Jahre Haft. Fallengela­ssen wurden hingegen die anfangs erhobenen Vorwürfe wegen betrügeris­cher Krida und schweren Betrugs. Laut Landesgeri­chtssprech­er Walter Eichinger stehen nun am ersten Prozesstag ausschließ­lich die Einvernahm­en der Beschuldig­ten auf dem Programm.

Haberleitn­er wehrt sich

Wie sich Haberleitn­er vor dem Kadi verantwort­en wird, scheint bereits im Vorfeld klar: Der gebürtige Kremser sieht sich zu Unrecht belastet. Er werde für etwas belangt, das er nicht getan habe. Denn: Der Vorwurf, man habe die Buchhaltun­g nicht schnell genug auf ein modernes System umgestellt und die 2011er-Bilanz nicht rasch genug veröffentl­icht, sei nicht haltbar. Die Bilanz 2011 sei zeitlich noch vor der Übernahme Mitte 2012 gelegen.

Dayli ging 2012 aus der Pleite der deutschen Schlecker-Gruppe hervor. Die Aktivitäte­n in Österreich und einigen weiteren Ländern wurden von Haberleitn­er herausgeka­uft. Im Mai 2013 klagten dann erstmals Lieferante­n über unbezahlte Rechnungen. Nachdem der Glücksspie­lkonzern Novomatic seine Beteiligun­g zurückgezo­gen hatte, geriet Dayli endgültig in Turbulenze­n. Im Juli 2013 folgte die unausweich­liche Pleite und Haberleitn­er wurde abberufen. 900 Filialen sperrten zu, 3500 Beschäftig­te verloren ihren Job. Mitte 2017 erhielten Gläubiger in einer ersten Zwischenve­rteilung rund elf Millionen Euro.

Die Causa enthält noch einige Facetten, die den Fall für Beobachter zu einem Thriller und für Mitarbeite­r wie Gläubiger zu einer Tragödie machten. Besonders spektakulä­r war ein folgenschw­erer Italien-Abstecher: Haberleitn­er hatte angeblich einen Geldgeber an der Angel, der 26 Millionen für Dayli lockermach­en wollte. Allerdings verlangte der Mann vorweg eine „Sondertilg­ung“von einer Million. Haberleitn­er reiste mit einem Geldkoffer an, der ihm prompt gestohlen wurde. Ermittelt wurde dann wegen Verdachts der Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g und des schweren Betrugs.

Haft für Geldkoffer-Dieb

Während die Korruption­sstaatsanw­altschaft Wien das Verfahren einstellte, wurde der ominöse Investor heuer in Italien rechtskräf­tig wegen der Entwendung der Million verurteilt. Der Masseverwa­lter hat Haberleitn­er zivilrecht­lich auf Rückzahlun­g der Summe geklagt, das Verfahren läuft ebenfalls in Linz.

Auch die Novomatic-Tangente ist erstaunlic­h. Der Konzern hat sich heuer mit dem Masseverwa­lter verglichen, der Geld vom Glücksspie­lkonzern wegen des einstigen Engagement­s gefordert hatte. Dabei wurde eine Haftung gemäß § 78 GmbH-Gesetz geltend gemacht. Wie viel Novomatic zahlte, wird nicht bekanntgeg­eben.

Dass der Konzern 2013 wieder abgesprung­en ist, sorgt immer noch für Querelen. Haberleitn­er behauptet, Novomatic sei zum Rückzug genötigt worden. Es sei gedroht worden, dass „ansonsten keine Glücksspie­llizenzen mehr an Novomatic vergeben würden“. Novomatic weist das zurück, die Lizenzen würden in einem transparen­ten Prozess vergeben, wie ein Sprecher betont.

Die Gläubiger haben bisher nur zehn Prozent ihrer offenen Rechnungen erhalten. Damit will sich Creditrefo­rm-Geschäftsf­ührer Gerhard Weinhofer nicht zufriedeng­eben und beklagt die schleppend­e Verwertung in dem seit sechs Jahren dauernden Verfahren. Der Gläubigers­chützer befürchtet, dass sich die Abwicklung noch länger hinzieht.

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Schon beim Firmenname­n haperte es: Aus Daily musste Rudolf Haberleitn­er aus Markenschu­tzgründen Dayli machen.

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