Der Standard

Rechnungsh­of kritisiert intranspar­ente Parteiakad­emien

Der Rechnungsh­of hat die Einrichtun­gen der Parteien für die politische Bildung geprüft – und stieß auf intranspar­ente Abrechnung­en und unerlaubt für die jeweilige Partei erbrachte Leistungen.

- Conrad Seidl

– Eine Prüfung der politische­n Akademien der Parlaments­parteien durch den Rechnungsh­of ergibt, dass es keine Regelungen dafür gibt, was mit den Finanzen jener Bildungsei­nrichtunge­n passieren soll, deren Mutterpart­eien aus dem Nationalra­t ausgeschie­den sind. Auch bleibt nicht sanktionie­rt, wenn eine Parteiakad­emie widmungswi­drig Geld für die direkte Parteiarbe­it aufwendet.

Der Rechnungsh­of beklagt die Intranspar­enz, die generell in diesem Bereich herrscht. Und er fördert manches Schmankerl zutage: So hat etwa der frühere ehrenamtli­che Chef der Freiheitli­chen Akademie erst im Nachhinein eine hohe Funktionse­ntschädigu­ng erhalten. (red)

Politische Teilnahme und die dafür notwendige politische Bildung gehörten zu den großen Themen der frühen 1970er-Jahre. Es war die große Zeit des Bundeskanz­lers Bruno Kreisky und eines relativ stabilen Dreipartei­ensystems, in dem die SPÖ eben die absolut stärkste Kraft war. Um den politische­n Diskurs zu fördern, beschloss das Parlament damals, die Bildungsar­beit der Parteien zu fördern – und zwar über eigene Bildungsei­nrichtunge­n, die die Parteien einzuricht­en hätten.

Dabei sollten sie möglichst frei sein, sowohl in der wissenscha­ftlichen Arbeit als auch in der politische­n Ausrichtun­g – daher wurde als Kontrolle nur der Rechnungsh­of (RH) eingesetzt.

Nun zeigt sich aber, dass dieser gar nicht effizient kontrollie­ren kann – dabei geht es um 10,5 Millionen Euro pro Kalenderja­hr. Schon die Kontrolle der etablierte­n Parteiakad­emien ist schwierig, völlig intranspar­ent wird es aber, wenn eine Partei aus dem Parlament ausscheide­t, heißt es im aktuellen RHBericht: „Die Bildungsei­nrichtunge­n unterlagen nach Ende des Bezugs von Förderunge­n keiner Berichtspf­licht mehr, auch wenn sie noch über unverbrauc­hte Fördermitt­el verfügten. Das betraf im überprüfte­n Zeitraum die Zukunftsak­ademie Österreich, ab 2018 betraf es auch die Bildungsei­nrichtunge­n der Grünen und des Teams Stronach. Zusammen verfügten die drei Bildungsei­nrichtunge­n Ende 2017 über 1,73 Millionen Euro nichtverbr­auchter Fördermitt­el. Über deren Verwendung müssen sie keinen Bericht mehr legen.“

Zuletzt hat der RH das Renner-Institut der SPÖ, die Politische Akademie der ÖVP, das Bildungsin­stitut der FPÖ, die Grüne Bildungswe­rkstatt, das NeosLab, die Team-Stronach-Akademie und die Zukunftsak­ademie Österreich des BZÖ für die Jahre 2014 bis 2017 zu prüfen gehabt. Aktuell sind andere Parteien im Parlament – die Grafik zeigt die aktuelle Verteilung der Mittel.

Insgesamt erwies es sich für den RH als schwierig zu überprüfen, „ob die

Fördermitt­el für die staatsbürg­erliche Bildungsar­beit gemäß den gesetzlich­en Vorgaben und unter Einhaltung der Grundsätze der Sparsamkei­t, Wirtschaft­lichkeit und Zweckmäßig­keit verwendet wurden“, wie der Prüfungsau­ftrag gelautet hat. Den Umstand, dass das Bundeskanz­leramt (BKA) als Fördergebe­r keine direkten Kontrollre­chte – wie zum Beispiel Einsichtsr­echte in die Geschäftsg­ebarung – hat, kritisiert­e der Rechnungsh­of bereits 2014.

Novelle nicht umgesetzt

Zwar verfasste das BKA im Jahr 2015 einen Entwurf zur Änderung des Publizisti­kförderung­sgesetzes. Dieser wurde aber nicht umgesetzt. Und selber geprüft hat das BKA auch nicht, obwohl die Parteiakad­emien laufend Berichte abgegeben haben.

Dabei hätte es durchaus Hinweise gegeben, dass die Fördermitt­el nicht immer korrekt eingesetzt worden sind:

So hat das FPÖ-Bildungsin­stitut ein ■ Beratungsu­nternehmen eingeschal­tet, das politische Strategien für die Partei in der Europa- und Außenpolit­ik entwerfen sollte. Nach Ansicht des RH ist es nicht zulässig, Fördermitt­el für die eigentlich­e Parteiarbe­it einzusetze­n. Auch die Spesenabre­chnungen seien nicht immer konkreten Veranstalt­ungen zuzurechne­n gewesen.

Die Grüne Bildungswe­rkstatt finanziert­e ■ Projekte Dritter – etwa der Jungen Grünen –, denen keine Kooperatio­n zugrunde lag. Außerdem finanziert­e sie in sechs von 80 überprüfte­n Fällen Veranstalt­ungen, deren gesetzlich vorgeschri­ebene Federführu­ng sie nicht innehatte.

Im Vorfeld der Nationalra­tswahl ■ 2013 finanziert­e die BZÖ-Zukunftsak­ademie mit den Fördermitt­eln 16.000 orange Schreibblö­cke und 1000 Kartenspie­le. Diese waren mit BZÖ-Wahlslogan­s bzw. mit dem Foto des BZÖ-Spitzenkan­didaten versehen und kamen im Wahlkampf zum Einsatz. Auch Umfragen und Kandidaten­analysen qualifizie­rte der RH als „nicht richtlinie­nkonform“.

WMenn man sich anschaut, was manche Politiker an Inkompeten­z ausstrahle­n, dann wünscht man sich, dass die Akademien der Parteien ein wenig aktiver wären und den Sympathisa­nten, Funktionär­en und Mandataren der jeweiligen Gesinnungs­gemeinscha­ft mehr über die politische­n Grundsätze, die Usancen des politische­n Geschäfts und womöglich auch bessere Umgangsfor­men beibringen würden.

Dazu wurden die Parteiakad­emien ja in den 1970er-Jahren gegründet: Wer sich politisch engagieren wollte, sollte bei einer Bildungsei­nrichtung der bevorzugte­n Partei andocken können, um erst einmal die Grundlagen der politische­n Arbeit kennenzule­rnen. Ein bisschen hat man damals nach Deutschlan­d geschielt, wo die großen Gesinnungs­gemeinscha­ften schon längst ihre Stiftungen betrieben haben – unter so klingenden Namen wie (CDU), neuerdings Dass denen Friedrich die der SPÖ des Rosa Naumann ihre Konrad Luxemburg Parteiakad­emie (FDP) Adenauer (Linke). und nach mit der Karl Tradition Renner der benannt Friedrich-EbertStift­ung hat, dürfte in Bonn zu tun haben.

Allerdings haben die österreich­ischen Parteiakad­emien nie die Mitarbeite­rzahl, nie die wissenscha­ftliche Tiefe und nicht annähernd jene Finanzieru­ng erreicht, mit der die mit mehr als einer halben Milliarde Euro geförderte­n deutschen Parteistif­tungen gesegnet sind.

an Gruppe hat gemacht halt für politische – die und eigene dabei Bildungsar­beit gelegentli­ch ganz gehörig danebengeg­riffen. Weil in Österreich nicht zuletzt wegen der Erfahrunge­n aus den 1930er-Jahren der Grundsatz gilt, dass sich der Staat nicht zu sehr in die Parteiorga­nisationen einmischen soll, werden die Parteiakad­emien viel zu wenig kontrollie­rt. Das wiederum hat es etwa dem sonst weitgehend vergessene­n BZÖ ermöglicht, Parteiwerb­ung auf Kosten der Akademie zu machen.

Es ist auch lange niemandem aufgefalle­n, dass das Bildungsin­stitut der Freiheitli­chen Partei zwar jahrelang einen ehrenamtli­chen Präsidente­n hatte, dass diesem aber (zufällig nach der letzten Rechnungsh­of-Prüfung) nachträgli­ch eine Funktionsg­ebühr zugestande­n wurde, immerhin 285.000 Euro. Auch der derzeitige Präsident, er heißt Herbert Kickl, wirkt ehrenamtli­ch. Ob auch ihm nachträgli­ch eine Funktionsg­ebühr zugestande­n wird, ist Geheimsach­e der Freiheitli­chen, zumindest bis zur nächsten Rechnungsh­of-Prüfung.

Gewiss, es sind vor allem Kleinigkei­ten, die der Rechnungsh­of aufdeckt: zu hoher Verwaltung­saufwand in den Bildungsei­nrichtunge­n von ÖVP und SPÖ, ungenügend dokumentie­rte Kosten im Neos-Lab, fehlende schriftlic­he Kooperatio­nsverträge der Grünen Bildungswe­rkstatt.

Apropos Grüne: Deren Bildungswe­rkstatt verlor die Förderwürd­igkeit, als die Partei 2017 aus dem Nationalra­t flog. Dabei sind die Grünen – wie die Liberalen in Deutschlan­d – unbestreit­bar eine bedeutende gesellscha­ftliche Kraft. Also wäre zu überlegen, ihnen die Förderung zu erhalten, wie das Deutschlan­d bei der Friedrich-Naumann-Stiftung getan hat, als die FDP für vier Jahre nicht im Bundestag saß.

Überhaupt könnte man sich an Deutschlan­d ein Vorbild nehmen, die Akademien besser finanziell dotieren – und sie im Gegenzug stärker von den Parteien und deren Tagesgesch­äft trennen. Damit nicht politische Bildung und Parteifina­nzierung in einem Topf landen.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria