Rechnungshof kritisiert intransparente Parteiakademien
Der Rechnungshof hat die Einrichtungen der Parteien für die politische Bildung geprüft – und stieß auf intransparente Abrechnungen und unerlaubt für die jeweilige Partei erbrachte Leistungen.
– Eine Prüfung der politischen Akademien der Parlamentsparteien durch den Rechnungshof ergibt, dass es keine Regelungen dafür gibt, was mit den Finanzen jener Bildungseinrichtungen passieren soll, deren Mutterparteien aus dem Nationalrat ausgeschieden sind. Auch bleibt nicht sanktioniert, wenn eine Parteiakademie widmungswidrig Geld für die direkte Parteiarbeit aufwendet.
Der Rechnungshof beklagt die Intransparenz, die generell in diesem Bereich herrscht. Und er fördert manches Schmankerl zutage: So hat etwa der frühere ehrenamtliche Chef der Freiheitlichen Akademie erst im Nachhinein eine hohe Funktionsentschädigung erhalten. (red)
Politische Teilnahme und die dafür notwendige politische Bildung gehörten zu den großen Themen der frühen 1970er-Jahre. Es war die große Zeit des Bundeskanzlers Bruno Kreisky und eines relativ stabilen Dreiparteiensystems, in dem die SPÖ eben die absolut stärkste Kraft war. Um den politischen Diskurs zu fördern, beschloss das Parlament damals, die Bildungsarbeit der Parteien zu fördern – und zwar über eigene Bildungseinrichtungen, die die Parteien einzurichten hätten.
Dabei sollten sie möglichst frei sein, sowohl in der wissenschaftlichen Arbeit als auch in der politischen Ausrichtung – daher wurde als Kontrolle nur der Rechnungshof (RH) eingesetzt.
Nun zeigt sich aber, dass dieser gar nicht effizient kontrollieren kann – dabei geht es um 10,5 Millionen Euro pro Kalenderjahr. Schon die Kontrolle der etablierten Parteiakademien ist schwierig, völlig intransparent wird es aber, wenn eine Partei aus dem Parlament ausscheidet, heißt es im aktuellen RHBericht: „Die Bildungseinrichtungen unterlagen nach Ende des Bezugs von Förderungen keiner Berichtspflicht mehr, auch wenn sie noch über unverbrauchte Fördermittel verfügten. Das betraf im überprüften Zeitraum die Zukunftsakademie Österreich, ab 2018 betraf es auch die Bildungseinrichtungen der Grünen und des Teams Stronach. Zusammen verfügten die drei Bildungseinrichtungen Ende 2017 über 1,73 Millionen Euro nichtverbrauchter Fördermittel. Über deren Verwendung müssen sie keinen Bericht mehr legen.“
Zuletzt hat der RH das Renner-Institut der SPÖ, die Politische Akademie der ÖVP, das Bildungsinstitut der FPÖ, die Grüne Bildungswerkstatt, das NeosLab, die Team-Stronach-Akademie und die Zukunftsakademie Österreich des BZÖ für die Jahre 2014 bis 2017 zu prüfen gehabt. Aktuell sind andere Parteien im Parlament – die Grafik zeigt die aktuelle Verteilung der Mittel.
Insgesamt erwies es sich für den RH als schwierig zu überprüfen, „ob die
Fördermittel für die staatsbürgerliche Bildungsarbeit gemäß den gesetzlichen Vorgaben und unter Einhaltung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit verwendet wurden“, wie der Prüfungsauftrag gelautet hat. Den Umstand, dass das Bundeskanzleramt (BKA) als Fördergeber keine direkten Kontrollrechte – wie zum Beispiel Einsichtsrechte in die Geschäftsgebarung – hat, kritisierte der Rechnungshof bereits 2014.
Novelle nicht umgesetzt
Zwar verfasste das BKA im Jahr 2015 einen Entwurf zur Änderung des Publizistikförderungsgesetzes. Dieser wurde aber nicht umgesetzt. Und selber geprüft hat das BKA auch nicht, obwohl die Parteiakademien laufend Berichte abgegeben haben.
Dabei hätte es durchaus Hinweise gegeben, dass die Fördermittel nicht immer korrekt eingesetzt worden sind:
So hat das FPÖ-Bildungsinstitut ein ■ Beratungsunternehmen eingeschaltet, das politische Strategien für die Partei in der Europa- und Außenpolitik entwerfen sollte. Nach Ansicht des RH ist es nicht zulässig, Fördermittel für die eigentliche Parteiarbeit einzusetzen. Auch die Spesenabrechnungen seien nicht immer konkreten Veranstaltungen zuzurechnen gewesen.
Die Grüne Bildungswerkstatt finanzierte ■ Projekte Dritter – etwa der Jungen Grünen –, denen keine Kooperation zugrunde lag. Außerdem finanzierte sie in sechs von 80 überprüften Fällen Veranstaltungen, deren gesetzlich vorgeschriebene Federführung sie nicht innehatte.
Im Vorfeld der Nationalratswahl ■ 2013 finanzierte die BZÖ-Zukunftsakademie mit den Fördermitteln 16.000 orange Schreibblöcke und 1000 Kartenspiele. Diese waren mit BZÖ-Wahlslogans bzw. mit dem Foto des BZÖ-Spitzenkandidaten versehen und kamen im Wahlkampf zum Einsatz. Auch Umfragen und Kandidatenanalysen qualifizierte der RH als „nicht richtlinienkonform“.
WMenn man sich anschaut, was manche Politiker an Inkompetenz ausstrahlen, dann wünscht man sich, dass die Akademien der Parteien ein wenig aktiver wären und den Sympathisanten, Funktionären und Mandataren der jeweiligen Gesinnungsgemeinschaft mehr über die politischen Grundsätze, die Usancen des politischen Geschäfts und womöglich auch bessere Umgangsformen beibringen würden.
Dazu wurden die Parteiakademien ja in den 1970er-Jahren gegründet: Wer sich politisch engagieren wollte, sollte bei einer Bildungseinrichtung der bevorzugten Partei andocken können, um erst einmal die Grundlagen der politischen Arbeit kennenzulernen. Ein bisschen hat man damals nach Deutschland geschielt, wo die großen Gesinnungsgemeinschaften schon längst ihre Stiftungen betrieben haben – unter so klingenden Namen wie (CDU), neuerdings Dass denen Friedrich die der SPÖ des Rosa Naumann ihre Konrad Luxemburg Parteiakademie (FDP) Adenauer (Linke). und nach mit der Karl Tradition Renner der benannt Friedrich-EbertStiftung hat, dürfte in Bonn zu tun haben.
Allerdings haben die österreichischen Parteiakademien nie die Mitarbeiterzahl, nie die wissenschaftliche Tiefe und nicht annähernd jene Finanzierung erreicht, mit der die mit mehr als einer halben Milliarde Euro geförderten deutschen Parteistiftungen gesegnet sind.
an Gruppe hat gemacht halt für politische – die und eigene dabei Bildungsarbeit gelegentlich ganz gehörig danebengegriffen. Weil in Österreich nicht zuletzt wegen der Erfahrungen aus den 1930er-Jahren der Grundsatz gilt, dass sich der Staat nicht zu sehr in die Parteiorganisationen einmischen soll, werden die Parteiakademien viel zu wenig kontrolliert. Das wiederum hat es etwa dem sonst weitgehend vergessenen BZÖ ermöglicht, Parteiwerbung auf Kosten der Akademie zu machen.
Es ist auch lange niemandem aufgefallen, dass das Bildungsinstitut der Freiheitlichen Partei zwar jahrelang einen ehrenamtlichen Präsidenten hatte, dass diesem aber (zufällig nach der letzten Rechnungshof-Prüfung) nachträglich eine Funktionsgebühr zugestanden wurde, immerhin 285.000 Euro. Auch der derzeitige Präsident, er heißt Herbert Kickl, wirkt ehrenamtlich. Ob auch ihm nachträglich eine Funktionsgebühr zugestanden wird, ist Geheimsache der Freiheitlichen, zumindest bis zur nächsten Rechnungshof-Prüfung.
Gewiss, es sind vor allem Kleinigkeiten, die der Rechnungshof aufdeckt: zu hoher Verwaltungsaufwand in den Bildungseinrichtungen von ÖVP und SPÖ, ungenügend dokumentierte Kosten im Neos-Lab, fehlende schriftliche Kooperationsverträge der Grünen Bildungswerkstatt.
Apropos Grüne: Deren Bildungswerkstatt verlor die Förderwürdigkeit, als die Partei 2017 aus dem Nationalrat flog. Dabei sind die Grünen – wie die Liberalen in Deutschland – unbestreitbar eine bedeutende gesellschaftliche Kraft. Also wäre zu überlegen, ihnen die Förderung zu erhalten, wie das Deutschland bei der Friedrich-Naumann-Stiftung getan hat, als die FDP für vier Jahre nicht im Bundestag saß.
Überhaupt könnte man sich an Deutschland ein Vorbild nehmen, die Akademien besser finanziell dotieren – und sie im Gegenzug stärker von den Parteien und deren Tagesgeschäft trennen. Damit nicht politische Bildung und Parteifinanzierung in einem Topf landen.