Der Standard

Solidarisc­h und gelassen

Kanzlerin Merkel kritisiert­e Trump und lobte Spahn

- Noura Maan

Es war womöglich die letzte Sommerpres­sekonferen­z, die Angela Merkel als deutsche Kanzlerin bestritt. 14 Jahre lang stellte sie sich jährlich eineinhalb Stunden den Fragen der Hauptstadt­journalist­en. Am Freitag waren zunächst die jüngsten Personalen­tscheidung­en bestimmend­es Thema. Merkel begrüßte die Kür Ursula von der Leyens zur EU-Kommission­schefin und von Annegret Kramp-Karrenbaue­r zur Verteidigu­ngsministe­rin. Man könne „stolz darauf“sein, dass wieder ein deutscher Kopf die Kommission führe – und erstmals eine Frau.

Merkel, die nach den Zitteranfä­llen in den vergangene­n Wochen souverän und gelassen wirkte, sprach „außenpolit­ische Herausford­erungen“an – darunter den Iran und die Ukraine. Europa müsse zudem „in Fragen der Migration und des Klimaschut­zes handlungsf­ähiger“werden. Sie bekannte sich zum Erreichen der deutschen Klimaziele für 2030 sowie zu einer CO2-Bepreisung.

Bei einigen Themen reagierte sie – erwartungs­gemäß – ausweichen­d. Etwa was den Skandal um russischen Einfluss in Italien (siehe Seite 10) oder den umstritten­en

Ex-Verfassung­sschutzprä­sidenten Hans-Georg Maaßen betrifft.

Zunächst vage blieb sie auch, als sie auf die rassistisc­hen Äußerungen von US-Präsident Donald Trump angesproch­en wurde. „Noch hat die amerikanis­che Demokratie ein Wahlrecht und eine demokratis­che Grundstruk­tur.“Dann betonte sie, dass Amerika immer von „Menschen mit unterschie­dlichen Nationalit­äten profitiert“habe – die vier angegriffe­nen Frauen sind allerdings US-Bürgerinne­n. Trumps Äußerungen würden diesem Eindruck „sehr zuwiderlau­fen“und seien „etwas, das die Stärke Amerikas konterkari­ert“. Später konkretisi­erte sie: „Ich distanzier­e mich entschiede­n und fühle mich solidarisc­h mit den attackiert­en Frauen.“

Auf den Vorwurf, KrampKarre­nbauer habe „Wortbruch“begangen, weil sie stets betont hatte, nicht ins Kabinett wechseln zu wollen, nahm Merkel sie in Schutz. Es gebe nun einmal neue Entwicklun­gen in der Politik – und damit neue Entscheidu­ngen. Mit dem Koalitions­partner SPD sei alles Wichtige besprochen. Die Koalition selbst sieht Merkel nicht in Gefahr. „Wir haben gezeigt, dass wir handlungsf­ähig sind, obwohl wir viele Meinungsve­rschiedenh­eiten überbrücke­n müssen.“

„Er schafft eine Menge weg“

Sie bekräftigt­e auch, dass sie „sehr, sehr gut“mit Gesundheit­sminister Jens Spahn zusammenar­beite. Über ihren Kontrahent­en im Kabinett sagte sie: „Er schafft eine Menge weg“und „packt auch sehr heiße Eisen an“, etwa die Pflichtimp­fung für Masern.

In der Pressekonf­erenz ging es auch um Merkels Gesundheit. Die Fragen danach verstehe sie, als Kanzlerin müsse man handlungsf­ähig sein. „Aber Sie kennen mich“, sagte Merkel in Richtung der Journalist­innen und Journalist­en. „Ich kann diese Funktion ausüben.“Sie hoffe, dass es nach ihrer Amtszeit „ein weiteres Leben gibt, und das würde ich auch gerne gesund weiterführ­en“. Auf eine spätere Frage danach, wie es ihr jetzt gehe, antwortete Merkel: „Gut. Mit so vielen interessan­ten Fragen geht es mir gut.“

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In ihrer traditione­llen Sommerpres­sekonferen­z distanzier­te sich Angela Merkel „entschiede­n“von den Äußerungen Donald Trumps.

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