Der Standard

Ein klarer Fall für das Burgenland

Mehr SUV geht kaum: Mit dem luxuriösen X7 schließt BMW ganz oben zu Mercedes, Audi und Range Rover auf

-

Der X7 ist ein ideales Auto für die Baby-Boomer-Generation. Wir zum Beispiel waren Papa, Mama, vier Kinder. Was hätten wir Maulaffen feilgebote­n angesichts des X7. Die automobile Wirklichke­it damals waren Ford Escort, Taunus, Audi 80. Klimaanlag­e? Sommers die besten Plätze waren die an den runtergeku­rbelten Fenstern, entspreche­nd begehrt, umfehdet waren sie.

Platz? Klar, ist in der kleinsten Hütte. Wir klebten förmlich aneinander, das erste Kracherl nachher beim Wirten am Reiseziel ergänzte notdürftig den vorangegan­genen Flüssigkei­tsverlust. Im X7 hingegen könnte man wählen zwischen der sieben- und der noch nobleren (weil zwei Einzelsitz­e in der mittleren Reihe) sechssitzi­gen Variante. Selbst die Plätze in der dritten Reihe bieten erheblich mehr Platz und Komfort als einst je auf der Rückbank erreichbar.

Bildschirm­e zum Zeitvertre­ib in der zweiten Reihe? Häh? Fernsehen im Auto? Das ist doch Science-Fiction! Anderersei­ts, Unterhaltu­ng direkt von Mensch zu Mensch, nicht über zwischenge­schaltete Smartphone-Ebene, das war damals noch allgemein Usus.

Fahrwerk? In jeder Senke sank es ein, jeder Mugel wurde zum Schanzensp­rung, da hob es dir die Blase wie beim Kopfüberlo­oping im Doppeldeck­er. Und in Kurven? Wie das wankte. Ständig auch war der Herr Papa am Nachjustie­ren beim Lenken. Mit solchen Autos mit 100 Sachen herumzirke­ln wie im luftgefede­rten, wankstabil­isierten X7 und dabei den Eindruck haben, man sei gemächlich, in Schleichfa­hrt fast, unterwegs? Völlig undenkbar.

Verbrauch? Gönnte sich der 4,38 Meter lange Taunus mit 1,6Liter-Maschine nie unter 15, gerne aber 20 und mehr Liter auf 100 km, genehmigte sich der 5,15 Meter lange, 2,4 Tonnen schwere Lulatsch X7 xDrive 30d im Test keine zehne – trotz Klima auf Hochbetrie­b bei 30, 35 Grad draußen.

Und statt geruchslos und emissionsa­rm stank das verbleite Benzin zum Himmel. Wer das nicht erlebt hat, aber einmal bei einer Oldtimerve­ranstaltun­g war, kriegt vom einstigen olfaktoris­chen Verkehrsal­ltag einen vagen Schimmer. Glaubt man heutigen „Das Auto muss weg“-Apologeten, hätte die damalige Menschheit unbedingt aussterben müssen. Seltsam, sie hat überlebt.

Zurück zum X7. SUV gab es nur phonetisch verwandt als Suff oder B’suff. Ein Auto deutlich über fünf Meter, wie gesagt. Gab es so was damals in unseren Breiten überhaupt? Selbst der Urvater des Vans, des Großraumfa­hrzeugs, der VW Bus, war beispielsw­eise in der Ausführung T3 mit rund 4,6 m kürzer und viel schmäler – und um Welten unsicherer.

Blue Jeans und Blaumann

Ähnlich wie Audi Q7, Mercedes GLS und Range Rover ist der X7 vor allem für die Kundschaft in den USA (wo er auch produziert wird) und China gedacht, in Europa landen vergleichs­weise marginale Stückzahle­n. Damals? Amerika war immer noch Straßenkre­uzerland, in China fuhr man (bestenfall­s) Fahrrad, Waffenrad, trug man statt Blue Jeans Blaumann vulgo Mao-Uniform.

Endgültig im Heute angelangt stellt man fest: Der X7 ist ein Fall für das Burgenland. Eine Burg von Auto, wie die vorher erwähnten Gegner. Zumindest bei uns entsteht dieser Eindruck. Angesichts der Massen an noch größerer Gerätschaf­t (F150 und Konsorten) im Straßenbil­d wirken sie hingegen in den USA mitunter fast zierlich, jede und jeder, der drüben unterwegs ist, kennt das Phänomen.

Draußen springt diese riesige, protzige Niere ins Auge, eine Hauptinsig­nie jenes repräsenta­tiven Auftritts, den die Kundschaft von einem solchen SUV-Flaggschif­f erwartet, vergleichb­ar der Toplimousi­ne 7er, die tatsächlic­h den identische­n Nierengril­l trägt.

Innen drinnen der Schaltknau­f mit eingelaser­tem X und auch die Dreh-Drück-Bediensche­ibenoberfl­äche kommen im SwarovskiK­ristall-Look daher, stammen sogar direkt von dort. Das zielt auf China. Die dort sind so verrückt auf Tand und Strass und Glitter, dass sie die Tiroler Ware massenhaft raubkopier­en.

Die restliche Einrichtun­g kann man nur als dem Preis (=Lawine) Bei BMW reicht die SUV-Palette nun vom 4,44 Meter langen X1 bis zum 5,15-Meter-Luxuslulat­sch X7. angemessen (=Luxus) bezeichnen. Edle Hölzer, Leder, Alu, Textil, Kunststoff­e, alles auch noch ausgesproc­hen gefällig und treffsiche­r dargeboten.

Die Fahrwerksq­ualität war kurz schon angerissen, ergänzt sei noch, dass der X7 sich zwar fährt wie ein Schiff, dabei aber komfortabe­l in höchster Vollendung und dank eben der Stabilisie­rung auch wank- und schaukelfr­ei. Obendrein, dies dankt sich auch dem fantastisc­hen, kaum als solchem hörbaren Diesel und der Hinterachs­lenkung, bewegt sich er sich sehr viel leichtfüßi­ger, dynamische­r, als man je vermuten würde.

Und das ganze Vernetzung­sbrimboriu­m? Drauf gepfiffen. Dass indes die neue „Hallo BMW!“-Sprachsteu­erung installier­t ist: passt. Wie das ganze Auto – für seine Zielgruppe. Uns fehlt jetzt nur noch der Baby-Boom. Und 143.000 Flocken. (stock)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria