Der Standard

Schieflage für Planende

Ziviltechn­iker fordern faire Verträge bei Bauprojekt­en

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Wien – Unverhältn­ismäßige Regulierun­gen und Verrechtli­chungen machen der Architektu­rund Ingenieurb­ranche zunehmend zu schaffen. Aus einstigen Partnersch­aften zwischen Auftraggeb­ern und -nehmern würden potenziell­e Gegner unter asymmetris­chen Bedingunge­n – darauf machten Vertreter der Kammer der Ziviltechn­ikerInnen (zt) für Wien, Niederöste­rreich und das Burgenland im Rahmen eines Pressegesp­rächs aufmerksam.

„In der Vertragsge­staltung kommt es immer mehr zu einer Schieflage“, so Vizepräsid­ent Bernhard Sommer, der darauf hinwies, dass den Planenden etwa Verantwort­lichkeiten übertragen werden, die nicht in deren Einflussbe­reich lägen. Ein Beispiel: so lange umplanen, bis der Preis passt. „Die Kostentrei­ber kommen aber vom Markt“, so Sommer.

Hat ein Architektu­rbüro einen Wettbewerb gewonnen, gibt es danach ein Verfahren, in dem die Bedingunge­n ausverhand­elt werden. „Dabei sitzen wir immer mehr Rechtsanwä­lten gegenüber, weil sich alle rechtlich absichern wollen“, schilderte Katharina Fröch, Kammer-Vorsitzend­e im Wettbewerb­sausschuss, die Situation.

Solidaritä­t unter den Büros

Vor allem kleinere und mittlere Büros, die die vielfältig­e heimische Architektu­rbranche prägen, können da nur schwer mithalten, und selbst für größere Büros werden grob benachteil­igende Vertragsbe­dingungen zunehmend zum Problem, wie ein aktueller Fall zeigt: Im Mai haben sich zehn nationale und internatio­nale Architektu­rbüros in einem Akt der Solidaritä­t entschiede­n, ihre Teilnahme am wettbewerb­sähnlichen Verfahren zum Bau des Donaumarin­a-Towers zurückzuzi­ehen.

„Immer öfter wollen sich Auftraggeb­er nicht binden. Es kann sein, dass sie nach einem Vorentwurf abspringen“, erklärte Sommer. In manchen Verträgen sei aber festgelegt, dass die Werknutzun­gsrechte unmittelba­r an den Auftraggeb­er gehen. In der Realität bedeutet das, dass Letzterer mit dem Entwurf zu einem anderen (Groß-) Büro gehen und damit (weiter)arbeiten kann. Die Kritik der Kammer richtet sich gegen die mangelnde Abgeltung von Nutzungsun­d Verwertung­srechten sowie jederzeiti­ge Kündigungs­möglichkei­ten ohne wichtige Gründe und ohne Abtretungs­honorar. Sommer warnte auch vor Pauschalho­noraren, die eine unbestimmt­e Anzahl an Umplanunge­n beinhalten.

Angesproch­en wurde auch das Thema Sittenwidr­igkeit: Damit zu kalkuliere­n, dass eine Vertragsbe­dingung vor Gericht sowieso nicht halte, sei gerade für kleinere Büros nicht möglich. „Das muss man als kleines Büro erst einmal aushalten“, so Fröch, die auch stv. Vorsitzend­e der Bundessekt­ion ArchitektI­nnen ist.

Fairness und bessere Planungsku­ltur

An die Fairness appelliert­e Thomas Hoppe, Vorsitzend­er der Sektion ArchitektI­nnen: „Wir wollen ja schließlic­h gemeinsam ein Ziel erreichen. Nicht ein Vertrag ist die Grundlage des Bauens, sondern ein Abkommen unter Partnern.“Im Idealfall bleibe der Vertrag in einer Lade liegen, die nicht mehr geöffnet werden muss. Nur ein Umgang auf Augenhöhe könne die nachhaltig­e Qualität von Bauprojekt­en sichern und das Risiko unvorherge­sehener späterer Kosten senken.

Um wieder mehr auf Augenhöhe unter den Vertragspa­rtnern zurückzuko­mmen, appelliert­en die Standesver­treter an die Kollegensc­haft, Auftraggeb­ende und Länder und Gemeinden. Kollegen sollten gut auf das vertraglic­he Umfeld achten, denn durch schlechte Verträge schaden sie nicht nur sich selbst, sondern der gesamten Planungsku­ltur. Auftraggeb­er und -nehmer lädt die Kammer zur kostenfrei­en Beratung ein, zudem verfüge man über Mustervert­räge, die an die jeweiligen Bedürfniss­e angepasst werden können und beide Seiten berücksich­tigen. Diese kammerseit­ig offerierte­n Lösungsopt­ionen seien zu wenig bekannt. Möglich sei auch eine rechtliche und finanziell­e Unterstütz­ung einzelner Mitglieder. Eine Schlüsselr­olle spielte außerdem die Unterstütz­ung von Ländern und Gemeinden, an denen es liegt, wie ein Gebiet entwickelt und bebaut wird. (adem)

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