London droht Teheran
Regierung: Festsetzung von Tanker völkerrechtswidrig
– Der Ton zwischen dem Iran und Großbritannien wird zunehmend rauer: Die Regierung in London verurteilte am Wochenende die Festsetzung eines britischen Tankers in der Straße von Hormus durch den Iran als „feindseligen Akt“und „klaren Verstoß gegen internationales Recht“und drohte mit „ernsthaften Konsequenzen“. Heute, Montag, wollte Außenminister Jeremy Hunt Maßnahmen gegen den Iran bekanntgeben. Teheran warnte wiederum London am Wochenende vor einer Verschärfung der Lage. (red)
Gibraltar hat am Freitag die Anhaltung des iranischen Öltankers Grace 1 bis Mitte August verlängert: Nur Stunden später schnappten sich die Iraner im Golf von Oman ihrerseits ein britisches Schiff. Zwar wurden dafür zuerst abenteuerlich anmutende Ad-hoc-Gründe angegeben, aber der Konnex mit Gibraltar wird andererseits gar nicht abgestritten.
Die Beschlagnahme der Grace 1 am 4. Juli durch die Behörden von Gibraltar – das britisches Territorium
ist – wird medial meist einfach mit „EU-Sanktionen“gegen Syrien, wohin die Grace 1 fahren sollte, erklärt. Das hat Verwirrung gestiftet. Denn in der Tat scheint in den entsprechenden EU-Verordnungen von 2012, die zuletzt 2019 aktualisiert wurden, kein Importverbot von Erdöl für Syrien auf: Nur der Export syrischen Öls aus vom Regime kontrollierten Gebieten steht unter Embargo.
Als Rechtsgrundlage für die Anhaltung der Grace 1 diente jedoch eine Anlassverordnung des Gouverneurs von Gibraltar: Die Fracht der Grace 1 sollte demnach an die Banias Refinery Company gehen, die auf der EU-Sanktionsliste aufscheint. Interessant ist, dass laut The Syria Report Gibraltar nur einen Tag zuvor, am 3. Juli, seine eigenen einschlägigen Verordnungen abgeändert hatte, die ihm am 4. Juli erlaubten, die Grace 1 zu stoppen: Demnach können Schiffe beschlagnahmt werden, die EU-Sanktionen brechen.
Panama, unter dessen Flagge die Grace 1 fuhr, dürfte der Argumentation Gibraltars folgen. Die Panama Maritime Authority entzog dem Schiff schon Ende Juni die Registrierung und begründete das mit dem Verdacht, dass die Grace 1 mit „Terrorismusfinanzierung“zu tun hatte.
Dass der Iran und Russland Syrien mit Öl versorgen, ist allgemein bekannt. Die USA drohen Ländern, die in die Versorgung Syriens mit Erdöl eingebunden sind, mit Sanktionen. Das gilt auch für die finanzielle und logistische Abwicklung oder Versicherungsangelegenheiten.
Dennoch waren die Lieferungen von Öl an Syrien in den vergangenen Monaten im Steigen begriffen, meldet The Syria Report, der sich dabei auf Tanker Trackers bezieht. Die meisten Lieferungen gingen bisher durch den Suezkanal. Anfang Juli wurde gemeldet, dass die ägyptischen Behörden einen ukrainischen Öltanker mit iranischem Öl für Syrien am Passieren des Kanals gehindert hätten. Das wurde später von der SuezkanalAdministration dementiert.
Die Grace 1 fuhr deshalb über die viel längere Gibraltar-Route, weil sie zu schwer für den Suezkanal war. Sie ist ein sogenannter VLCC, Very Large Crude Carrier, der vollbeladen – was die Grace 1 ist – zwei Millionen Barrel (318 Mio. Liter) Öl transportieren kann.