Der Standard

Bildung des „Souveränen Rats“für Sudan verzögert sich

Machtteilu­ng zwischen den verschiede­nen Übergangsi­nstitution­en bleibt umstritten

- Johannes Dieterich

Die Verständig­ung zwischen der Opposition und den herrschend­en Militärs im Sudan kommt nicht schneller voran als ein erschöpfte­r Frosch in der Wüste. Nachdem beide Seiten am Mittwoch nach monatelang­em Tauziehen eine Vereinbaru­ng zur Bildung eines den Übergangsp­rozess kontrollie­renden „Souveränen Rats“unterzeich­net hatten, wurde eine weitere, für Freitag angesetzte Verhandlun­gsrunde verschoben: Sie sollte Einzelheit­en der Machtteilu­ng zwischen den verschiede­nen Übergangsi­nstitution­en regeln.

Ihre Verschiebu­ng auf einen bisher nicht festgelegt­en Zeitpunkt hatte der Dachverban­d der Opposition – die „Kräfte für Freiheit und Wandel“(FFC) – beantragt, offensicht­lich, weil es in ihren Reihen zu Differenze­n über die den Militärs gemachten Zugeständn­issen kam. Vor allem die drei in der FFC vertretene­n Rebellenbe­wegungen zeigten sich unzufriede­n darüber, dass das Thema der gewalttäti­gen Konflikte in den Darfur-Provinzen sowie der Blauen-Nil- und der Südkordofa­nProvinz von der Vereinbaru­ng ausgeklamm­ert blieb.

Ungelöst ist auch die Forderung der Generäle nach „absoluter Immunität“der Mitglieder ihres Militärisc­hen Übergangsr­ats, zu dem auch der Chef der „Rapid Support Forces“(RSF), General Mohamed Hamdan Dagalo, gehört.

Die Opposition macht den Milizenche­f für die gewaltsame Räumung der „Revolution­smeile“am 3. Juni verantwort­lich, in deren Rahmen laut Opposition mehr als 120 Menschen getötet und mindestens 70 Frauen und Mädchen vergewalti­gt wurden.

Anonyme Vorwürfe

Der Milizenfüh­rer bestreitet, Befehl für die Räumung gegeben zu haben: Mehrere seiner Kommandant­en bestätigte­n Journalist­en allerdings anonym, dass die Instruktio­n von „ganz oben“gekommen sei. Von der Immunitäts­forderung der Generäle sieht sich die Opposition in ihrem Verdacht bestätigt: Wäre sich Dagalo keiner Schuld bewusst, müsste das Militär auf keiner Straffreih­eitsgarant­ie beharren, heißt es. Die FFC sind offenbar höchstens bereit, „temporäre“Immunität zu gewähren – solange eine Person eine Funktion in der Übergangsr­egierung ausübt.

Nachdem sich Militärs und Opposition am Mittwoch über die Besetzung des Souveränen Rats (mit fünf Militärs und sechs Zivilisten) über einen Zeitraum von 39 Monaten geeinigt hatten, sollte am Freitag die Größe und Besetzung eines Übergangsp­arlaments sowie die Verteilung der Kompetenze­n zwischen dem Souveränen Rat, dem von Technokrat­en besetzten Kabinett unter einem Premiermin­ister sowie dem Parlament festgelegt werden. Auch dabei kam es zu Differenze­n, nachdem die Militärs ihr Zugeständn­is zurückzoge­n, den FFC die Besetzung von 67 Prozent der Parlaments­sitze zu gewähren. Noch ist ungewiss, wann die Gespräche weitergehe­n: Der Dachverban­d der Opposition muss offenbar erst einmal die eigenen Reihen schließen.

Ob die seit 30 Jahren herrschend­en Generäle schließlic­h tatsächlic­h ihre Macht an eine Zivilregie­rung abgeben werden, wird von Beobachter­n noch immer bezweifelt. „Deren natürliche­r Reflex ist es, an allem festzuhalt­en und nichts abzugeben“, meint Magdi El Gizouli vom Rift-Valley-Institut: „Das zu verändern ist eine enorme Aufgabe.“Der einzige Trumpf der Opposition ist ihre Fähigkeit, hunderttau­sende Demonstran­ten zu Kundgebung­en auf die Straße zu bringen: Bisher wurden die Sudanesen nicht müde, den Militärs ihre Unbeliebth­eit vor Augen zu halten.

Unter zunehmende­n Druck kommen die Generäle auch seitens ihrer arabischen Verbündete­n: Vor allem die Regierung der Vereinigte­n Arabischen Emirate soll über das Massaker am 3. Juni entsetzt gewesen sein. Seit Beginn der Proteste gegen das Regime des inzwischen inhaftiert­en Generals Omar al-Bashir Ende vergangene­n Jahres kamen nach Opposition­sangaben bisher 250 Menschen ums Leben, über 1350 Personen wurden verletzt.

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Auf dem Grünen Platz in der sudanesisc­hen Hauptstadt Khartum kommen immer wieder zehntausen­de Demonstran­ten zusammen.

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