Der Standard

Der Prinz von Preußen hat Schlossgel­üste

Zwischen den Nachfahren des letzten deutschen Kaisers und dem Staat tobt ein heftiger Streit. Die Familie Hohenzolle­rn will tausende Kunstwerke zurück und auch ein Wohnrecht im Schloss. Die Empörung ist groß.

- Birgit Baumann aus Berlin

Im Schloss Cecilienho­f wird groß geplant. Nächstes Jahr will die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten BerlinBran­denburg daran erinnern, dass dort – in Potsdam unweit des Jungfernse­es – 1945 Weltgeschi­chte geschriebe­n wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriege­s trafen sich die „großen Drei“– für die USA Präsident Harry S. Truman, für die UdSSR Josef Stalin und für Großbritan­nien Premier Winston Churchill –, um über die Zukunft des besiegten Deutschlan­ds und ganz Europas zu beraten.

Geht es nach Prinz Georg Friedrich von Preußen (43), dann muss in dem Bau, der zu den Besucherma­gneten für Touristen zählt, schon bald ein wenig umgestellt werden. Er ist der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers, Wilhelm II., somit Chef des Hauses Hohenzolle­rn, und hat einen Wunsch: Seine Familie möge in Cecilienho­f oder zwei anderen, kleineren Schlössern ein unentgeltl­iches Wohnrecht bekommen.

Es ist ungefähr so, als würde Karl von Habsburg mal eben in Schloss Schönbrunn einziehen wollen. Völlig unmöglich, möchte man meinen. Doch die Forderung der Deutschen hat einen ernsten Hintergrun­d. Wie kürzlich bekannt wurde, verhandelt die Familie der Hohenzolle­rn bereits seit dem Jahr 2014 mit der deutschen Regierung sowie den Ländern Berlin und Brandenbur­g, die einst das preußische Kernland ausmachten.

Sessel von Friedrich II.

Und es geht nicht nur um das Wohnrecht in einem Schloss vor den Toren Berlins. Die Royals fordern auch tausende wertvolle Gemälde, Möbel, Keramiken und Skulpturen zurück, die sich derzeit in öffentlich­en Museen in Berlin und Brandenbur­g befinden. Auf der Liste steht etwa jener Sessel, auf dem Friedrich II. (der Große) im August 1786 in Potsdam verstorben ist.

Eigentlich hätte die Angelegenh­eit schon längst erledigt sein sollen. Wie in Österreich wurde 1918 auch in Deutschlan­d die Monarchie abgeschaff­t. Doch die Fragen, die sich um Enteignung und Entschädig­ung drehen, sind komplizier­t (siehe Chronologi­e). Und Prinz Georg Friedrich ist der Meinung, es seien immer noch ein paar Rechnungen offen, was ziemliche Empörung auslöst.

„Das Land Brandenbur­g achtet darauf, dass die Schlösser öffentlich zugänglich sind und bleiben“, sagt Brandenbur­gs Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) und spricht von „Volksschlö­ssern“. Auch das Kanzleramt sieht „keine geeignete Grundlage für erfolgvers­prechende Verhandlun­gen“. Das steht in einem Brief, den die zuständige Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters (CDU) dem Prinzen geschickt hat und aus dem der Tagesspieg­el zitiert.

Samuel Wittwer, Direktor in der Stiftung Preußische­r Schlösser und Gärten, erklärt im Spiegel, das Berliner Jagdschlos­s Grunewald und der Neue Pavillon im Park des Berliner Schlosses Charlotten­burg müssten schließen, wenn die Hohenzolle­rn das bekämen, was sie verlangen. Es gäbe dann schlicht nichts mehr herzuzeige­n.

Die staatliche Seite will einen langen und kostspieli­gen Rechtsstre­it vermeiden, auch der Anwalt der Familie Hohenzolle­rn betont, man sei an einer gütlichen Einigung interessie­rt – vielleicht auch im Lichte der jüngsten Gerichtsen­tscheidung.

Keine Rückgabe

Gerade hat das Landgerich­t Koblenz entschiede­n, dass der Prinz Schloss Rheinfels in St. Goar (Rheinland-Pfalz) nicht zurückbeko­mmt, weil es nicht zum Privatverm­ögen der Hohenzolle­rn gehört hatte, sondern zum 1918 beschlagna­hmten Sonderverm­ögen.

Zu hören ist, dass die Hohenzolle­rn ihre Forderunge­n deutlich einschränk­en könnten, wenn im Gegenzug ein neues Hohenzolle­rn-Museum gegründet wird und die Familie bei Ausstellun­gen ein Mitsprache­recht bekommt.

Das jedoch stößt auf Widerstand, nach dem Motto: In einer Demokratie lasse man sich nicht von einem ehemaligen Herrscherh­aus dreinreden. Und man werde auch nicht zusehen, wie dieses sich im besten Licht darstellen wolle, schließlic­h trage der letzte Kaiser Mitschuld am Ersten Weltkrieg. Doch allen Streitigke­iten zum Trotz: Für den morgigen Mittwoch ist eine neue Verhandlun­gsrunde angesetzt.

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 ??  ?? Auf Schloss Cecilienho­f, 1913 bis 1917 im englischen Landhausst­il erbaut, fand 1945 die Potsdamer Konferenz statt. Es ist in Staatsbesi­tz.
Auf Schloss Cecilienho­f, 1913 bis 1917 im englischen Landhausst­il erbaut, fand 1945 die Potsdamer Konferenz statt. Es ist in Staatsbesi­tz.

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