Der Standard

Neue NGO-Schiffe unterwegs

EU-Gespräche über Mittelmeer­krise ergebnislo­s

- Kim Son Hoang

– Zwei NGO-Schiffe werden bald wieder in See stechen, um im Mittelmeer Flüchtling­e zu retten. Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerran­ée bereiten sich mit der norwegisch­en Ocean Viking auf einen Einsatz ab Ende Juli vor. Die Organisati­on Sea-Eye wird mit dem Schiff Alan Kurdi in Kürze aufbrechen. Mit an Bord wird eine 29-jährige Österreich­erin sein.

In Paris haben EU-Innen- und Außenminis­ter über eine Verteilung der geretteten Flüchtling­e diskutiert. Zu einer Einigung kam es nicht.

In Paris berieten am Montag die EU-Innen- und Außenminis­ter über die Flüchtling­skrise im Mittelmeer. Auf Initiative Deutschlan­ds sollte eine Übergangsr­egelung gefunden werden, um gerettete Menschen zu verteilen. Eine Einigung wurde nicht erzielt, Deutschlan­d sprach aber von Fortschrit­ten.

Etwa 1000 Kilometer südlich, in Palma de Mallorca, verfolgt Sophie Weidenhill­er die Gespräche und hofft auf eine baldige Lösung. Noch mehr konzentrie­rt sie sich aber auf das, was ihr bevorsteht: eine neue Rettungsmi­ssion. Die 29-jährige Niederöste­rreicherin, die seit zehn Jahren

in Wien lebt, ist Teil der Crew der Alan Kurdi, einem Rettungssc­hiff der deutschen NGO Sea-Eye.

Seit rund zwei Wochen sind keine NGO-Schiffe im Mittelmeer unterwegs. Die letzten waren die Alex der italienisc­hen Hilfsorgan­isation Mediterran­ea Saving Humans und eben die Alan Kurdi. Das unter deutscher Flagge fahrende Schiff wird in Kürze wieder aufbrechen, sagt Weidenhill­er dem STANDARD. Für sie ist es die zweite Mission. Weidenhill­er, die derzeit die Ausbildung zur Psychother­apeutin macht, bereitet sich mit dem Rest der 20-köpfigen Crew in Palma de Mallorca auf den rund vierwöchig­en Einsatz vor.

Für Flüchtling­e engagiert sie sich seit dem Jahr 2015: „Ich war am Wiener Westbahnho­f, als die Flüchtling­e mit Applaus empfangen wurden.“2017 wollte sie auch im Mittelmeer mithelfen. „Ich bin privat gerne auf hoher See und verbinde mit dem Mittelmeer schöne Erinnerung­en. Und die Situation dort ist so schrecklic­h, dass ich mir dachte: Ich muss etwas machen.“

Im Dezember 2018 war es dann so weit, über Weihnachte­n half sie bei Sea-Eye mit. Ihre Aufgabe an Bord: RHIB Communicat­or. RHIB ist die englische Abkürzung für Schlauchbo­ot, und damit wurden die Flüchtling­sboote angesteuer­t.

Weidenhill­er hatte die Aufgabe, den Erstkontak­t herzustell­en. „Ich musste die Menschen beruhigen, damit sie nicht panisch werden. Nicht dass sie glauben, wir sind die libysche Küstenwach­e und bringen sie zurück. Davor haben viele Angst“, sagt Weidenhill­er. Wie sich das anfühlt, die erste Ansprechpe­rson zu sein? „Wenn man einem Menschen die Hand reicht und ihm in die Augen blickt, dann ist plötzlich alles überdeutli­ch: Es geht hier um Menschenle­ben.“

Schon bei der damaligen Mission musste die Alan Kurdi mit Geretteten an Bord elf Tage vor Malta warten, bis die Flüchtling­e an Land durften – wie auch vor einigen Wochen. Weidenhill­er würde es nicht überrasche­n, sollte es auch bei der neuen Mission wieder eine Hängeparti­e geben. „Das hält mich aber nicht davon ab mitzumache­n.“Auf der neuen Mission wird sie als RHIB Leader fungieren, also die Verantwort­ung für das Schlauchbo­ot haben, und dabei immer in Kontakt mit der Brücke der Alan Kurdi stehen.

Vor Carola Rackete, der deutschen Kapitänin, die mit der SeaWatch 3 unerlaubt in den Hafen von Lampedusa einfuhr, hat Weidenhill­er wie vor allen Kapitänen höchsten Respekt. Sie selbst sei „froh, dass ich solche Entscheidu­ngen nicht treffen muss“.

Zweites Schiff folgt Ende Juli

Ende Juli wird dann ein zweites privates Rettungssc­hiff in See stechen. Ärzte ohne Grenzen und SOS Méditerran­ée kündigten an, mit der unter norwegisch­er Flagge fahrenden Ocean Viking auf Mittelmeer­mission zu gehen, um Menschen vor der libyschen Küste zu suchen und zu retten.

Ende 2018 hatten die beiden NGOs ihren Einsatz mit dem Schiff Aquarius beendet. Als Grund dafür wurden damals gezielte politische Angriffe genannt.

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Foto: Pavel D. Vitko Sophie Weidenhill­er ist Teil der Sea-Eye-Crew.

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