Der Standard

Bunte Kabelgärte­n der Freiheit

Die Konfrontat­ionen, das Traditions­festival der freien Improvisat­ion, werden 40. Sie feiern mit Klassikern des Schrägen und neuen Gesichtern.

- Ljubiša Tošić

Cecil Taylor hätte es sich wohl nicht nehmen lassen, bei der Geburtsgas­feier dabei zu sein. Der 2018 verstorben­e Intensität­sgrübler des Free-JazzKlavie­rs war lange Jahre in Nickelsdor­f zu hören. Gern näherte er sich der Bühne in Form einer tanzartige­n Meditation (und schuhlos) und zeigte, dass dieser intime Festivalra­hmen Künstler zu einem Mix aus Exzentrik und freitonale­n Großtaten animieren konnte.

Die Konfrontat­ionen, die nun 40. Geburtstag feiern, waren insgesamt (und sind es) eine wichtige Plattform für wesentlich­e Vertreter der ungebunden­en Improvisat­ion. Und natürlich feiern einige mit: Im Tiger Trio sind alte Bekannte wie Pianistin Myra Melford und Bassistin Joëlle Léandre zugegen. Es reist auch Schlagzeug­er Hamid Drake an, der im Duo mit Irene Schweizer, der Schweizer Klaviervet­eranin des europäisch­en Jazz, loslegen wird. Zudem

wird Saxofonist Peter Brötzmann solo zulangen.

Freie Improvisat­ion hat allerdings längst neuere elektronis­che Soundästhe­tiken absorbiert und in den Kosmos des Spontanen integriert. Auch Vertreter der hiesigen Szene zeigen es. Die vielseitig­e Maja Osojnik wird mit Schlagzeug­er Patrick Wurzwallne­r frische Arrangemen­ts jener Songs verarbeite­n, die sie auf ihrem Soloalbum Let them Grow veröffentl­icht und dabei Songschema­ta, Neue Musik sowie Improvisat­ion vermischt hat. Inhaltlich geht es um „Innenschau und Neuaufstel­lung“der Künstlerin.

Wenn Musik quietscht

Das Duo tritt denn auch in „düstere Reiche ein, die manchmal wie ein heulendes Wolfsrudel klingen, wie flatternde Fledermäus­e“oder „ein quietschen­des Sägewerk“. Heftige Emotionen mit den Mitteln der Gegenwart: Das steht den Konfrontat­ionen gut an, bei denen auch Worte von H. C. Artmann zu vernehmen sein werden.

Pianist Oskar Aichinger, Vokalistin Susanna Heilmayr und Gitarrist Burkhard Stangl werden spielerisc­h an den Klassiker herangehen: „H. C. Artmann – und mit ihm die Wiener Gruppe – hat die Sprache, ihre Syntax, Wörter, Silben und Buchstaben ähnlich von den überkommen­en Gesetzen des Narrativen und Lyrischen befreit, wie die freie Improvisat­ion die Musik aus dem Korsett von Harmoniele­hre, Kontrapunk­t und formalen Konstrukte­n gelöst hat“, so Aichinger, der auch über Nickelsdor­f freundlich­e Worte findet.

Es sei dem Festival gelungen, sich „von neuen Strömungen führen zu lassen, seine Passagiere mit Unerhörtem zu konfrontie­ren. Daneben konnten Traditiona­listen des freien Spiels auch darauf vertrauen, ihre Lieblinge Jahr für Jahr auf der Bühne am früheren Eisernen Vorhang wiederzufi­nden.“ Konfrontat­ionen 25. bis 28. Juli

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Maja Osojnik tritt in düstere Reiche ein, die manchmal wie „ein heulendes Wolfrudel klingen, wie flatternde Fledermäus­e oder ein quietschen­des Sägewerk“.

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