VW-Sammelklage in Luxemburg gelandet
Höchstgericht reicht Verfahren über Zuständigkeit für VW-Prozesse an Europäischen Gerichtshof weiter
– Für Hunderte durch den VW-Dieselskandal geschädigte VW-, Audi- und Škoda-Besitzer rückt ein Urteil im Sammelverfahren des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) in die Ferne. Der vom Landesgericht Klagenfurt mit der Klärung der Zuständigkeit befasste Oberste Gerichtshof (OGH) hat das Massenverfahren des VKI unterbrochen und vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine Vorabentscheidung erbeten.
Es geht um ein umstrittenes Thema, das seit Bekanntwerden der Diesel-Abgasmanipulationen und der darauffolgenden Schadenersatzprozesse so gut wie jedes der 16 Landesgerichte in Österreich beschäftigt: Welches Gericht ist für eine Klage gegen Volkswagen zuständig? Volkswagen und deren als Generalimporteur und Händler fungierende Österreich-Tochter Porsche Austria in Salzburg vertrat stets die Ansicht, dass in Österreich lediglich der jeweilige VW-Händler auf Schadenersatz, Rückabwicklung oder Irreführung geklagt werden kann, nicht aber die Konzernmutter von Porsche Austria, die Volkswagen AG in Wolfsburg.
Bis eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Frage der Zuständigkeit österreichischer Gerichte vorliegt, sei das Verfahren in Klagenfurt unterbrochen, teilte die Rechtsvertretung der Volkswagen AG in Österreich am Montag mit. Sie gewinnt damit jedenfalls Zeit. „Der OGH bestätigt damit die Auffassung der VW AG, dass in den gleichgelagerten Massenverfahren auf die Entscheidung des EuGH gewartet werden muss“, zitiert die APA die VW-Anwälte Thomas Kustor und Sabine Prossinger von Freshfields Wien.
Klar ist der Ausgang des Verfahrens keineswegs. Das Oberlandesgericht Wien beispielsweise hatte das Begehren des Wolfsburger Autokonzerns, das Zivilverfahren an das für den Volkswagen-Konzern zuständige Gericht in Braunschweig zu verweisen und Österreichs Justiz inhaltlich wie örtlich für unzuständig zu erklären, im März abgewiesen. Entscheidend sei der Übergabeort des Fahrzeugs (in dem Fall Stockerau) und nicht, wie Volkswagen vermeinte, der Handlungs- oder Herstellungsort.
Das Erstgericht hatte angeführt, dass der Handlungsort jedenfalls in Deutschland liege, dort sei der Pkw der Beklagten erstmals in Umsatz gebracht worden und somit der schädigende Erfolg erstmals aufgetreten. Mit Verweis auf das Europäische Zivilverfahrensrecht und Teile der Rechtslehre in Österreich hatte das OLG allerdings klargestellt: Eine Person mit Wohnsitz in einem EU-Mitgliedstaat kann in einem anderen EU-Staat geklagt werden, und zwar „vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, wie es im OLG-Beschluss heißt.
Bis die Richter in Luxemburg entscheiden, werden Monate vergehen. Mit Spannung erwartet wird der Spruch jedenfalls. Denn das Urteil ist für ganz Europa bindend. VKI-Chefjurist Thomas Hirmke bedauert, dass die 515 Geschädigten im Klagenfurter Sammelprozess nun warten müssen.
Beim OGH sind von den Sammelklagen mit insgesamt knapp 10.000 Geschädigten zwei weitere Verfahren (Wiener Neustadt, Korneuburg) anhängig. (ung) Von 2002 bis Mitte 2019 wurden im Euro-Bus der Oesterreichischen Nationalbank österreichweit bei 1163 Stopps in Euro umgetauscht. Allein von Ende Mai bis Ende Juli 2019 nutzten über 19.000 Personen den Service und tauschten insgesamt fast 19 Mio. Schilling um. (red)